Luftverschmutzung: Sorgt eine höhere Schadstoffbelastung für mehr Allergien?
Immer mehr Menschen weltweit leiden unter einer Allergie. Sind Luftschadstoffe und Feinstaub schuld?
- Weltweit leben viele Menschen in dicht besiedelten Gebieten und in der Nähe stark befahrener Straßen.
- Die hohe Schadstoffbelastung wirkt sich dabei auch auf die Gesundheit aus - so zählen Erkrankungen der Atemwege und Allergien zu den häufigsten gesundheitlichen Folgen.
- Wie Umweltschadstoffe unsere Gesundheit beeinflussen und warum Allergiker besonders betroffen sind.
Aachen – Die Zahl der Allergiker steigt seit vielen Jahren immer weiter an – auch hierzulande leiden immer mehr Menschen an Heuschnupfen. So sind etwa 20 bis 30 Prozent der deutschen Bevölkerung von einer Pollenallergie betroffen. Besonders Kinder und Jugendliche gehören häufig zu den Leidtragenden. Die zunehmende Verbreitung von Allergien und Asthma könnte dabei mit der steigenden Belastung durch Schadstoffe und Feinstaub zusammenhängen.
Allergien und Luftschadstoffe: Gene spielen eine große Rolle
Seit den 50er-Jahren beobachten Wissenschaftler einen besorgniserregenden Trend: Immer mehr Menschen erkranken an Allergien wie Heuschnupfen und Asthma bronchiale. Lange waren Experten ratlos, was den Anstieg der Krankheitszahlen verursacht. Heute ist sich die Wissenschaft einig, dass verschiedene Faktoren bei der Entstehung von allergischen Erkrankungen eine Rolle spielen. Die genetische Veranlagung scheint dabei der entscheidende Risikofaktor zu sein. So haben Kinder, deren Eltern bereits unter einer Allergie leiden ein höheres Risiko im Laufe ihres Lebens an einer Allergie zu erkranken. Leiden beide Elternteile an einer allergischen Erkrankung, ist die Wahrscheinlichkeit sogar noch größer.
Allergierisiko: Umweltfaktoren erhöhen Risiko an einer Allergie zu erkranken
Auch veränderte Hygienestandards in Industrieländern werden verdächtigt, für den Anstieg mitverantwortlich zu sein. Denn mit einer besseren Hygiene, scheint unser Immunsystem generell anfälliger für Krankheiten zu werden. Je weniger es durch Bakterien und Viren gefordert wird, umso mehr langweilt es sich und reagiert möglicherweise auch bei harmlosen Stoffen mit einer empfindlichen Immunantwort. Eigentlich ungefährliche Substanzen wie Pollen können dann zur Gefahr werden. Um die „Eindringlinge“ abzuwehren, leitet der Organismus eine komplexe Entzündungsreaktion ein. Diese äußert sich bei Allergikern durch typische Symptome wie Niesattacken, Fließschnupfen und gereizte Augen.

Doch in unserer Umwelt lauern noch weitere Faktoren, die die Entwicklung von Allergien begünstigen. Neben Tabakrauch, könnten auch die Folgen des Klimawandels dazu beitragen, dass immer mehr Kinder und Erwachsene an einer Allergie leiden. Wärmere Temperaturen sorgen dabei nicht nur für einen längeren Pollenflug, sondern auch, dass Allergene länger in der Luft bleiben und sich so leichter ausbreiten.
Luftschadstoffe: Feinstaub gilt als besonders gefährlich
Verschiedene Studien haben in den vergangenen Jahren gezeigt, dass Kinder, die in der Nähe stark befahrener Straßen aufwachsen, häufiger an Asthma erkranken. Und auch wenn die Studienlage bisher nicht eindeutig ist, sind sich Forscher sicher: Luftschadstoffe tragen dazu bei, dass Allergien häufiger und vor allem stärker auftreten. Wie schädlich ist dreckige Luft also für unsere Gesundheit?
Ein großer Teil der deutschen Bevölkerung lebt in dichtbesiedelten Regionen oder an stark befahrenen Verkehrsstraßen und atmet regelmäßig Schadstoffe ein. In diesen Gebieten werden die gesetzlich festgelegten Grenzwerte häufig überschritten. Vor allem Feinstaub gilt als besonders gefährlich. Die winzigen Partikel entstehen bei Verbrennungsprozessen durch Dieselmotoren oder Holzfeuerung.
Luftschadstoffe: Die größe ist entscheidend
Experten teilen Schadstoffe aufgrund ihrer Größe in unterschiedliche Kategorien ein. Substanzen mit einer Größe bis zu 10 Mikrometer bezeichnen sie als Feinstaub. Diese Stoffe entsprechen der Größe einer Zelle. Kleiner sind die sogenannten Feinststäube, die mit einem Durchmesser von bis zu 2,5 Mikrometer etwa einem Bakterium entsprechen. Diese Stäube gelangen über die Atmung bis in die Bronchien und Lungenbläschen inhaliert werden. Zuletzt werden noch die ultrafeinen Partikel (UFP), die etwa 0,1 Mikrometer groß sind, unterschieden. Die Partikel, die etwa der Größe von Viren entsprechen, kommen über die Blutbahn direkt in den Kreislauf. Auch sind UFPs in der Lage die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden.
Luftschadstoffe: Darum macht dreckige Luft Allergien schlimmer
Ist der Körper einer hohen Schadstoffbelastung ausgesetzt, wirkt sich das sowohl auf die Haut, die Lungen, als auch die Schleimhäute aus. So bewirken Luftschadstoffe, dass natürliche Barrieren des Körpers durchlässiger werden. Die Folge ist, dass entzündungsfördernde Partikel in den Körper gelangen und sogenannte Sauerstoffradikale in der Schleimhaut freigesetzt werden.
Je kleiner die Feinstaubpartikel, umso einfacher können sie in die Bronchien eindringen – und sogar die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Bei Menschen, die schon durch ihre genetische Veranlagung vorbelastet sind, scheinen vor allem die ultrafeinen Dieselpartikel direkt auf das Immunsystem zu wirken. So steigt nicht nur die Sensibilisierungsfähigkeit des Immunsystems, also die Bildung spezieller IgE-Antikörper, sondern auch die Sensibilisierungsintensität (erhöhtes IgE-Niveau).
Risikofaktoren: Luftschadstoffe machen Pollen aggressiver
Feinstaub wirkt zudem auf die Zusammensetzung der Pollen, indem er deren Allergenität erhöht. Pflanzen, die einer hohen Luftverschmutzung ausgesetzt sind, bilden sogenannte Stressproteine. In den Pflanzen kommt es zu einer vermehrten Produktion der allergieauslösenden Proteine, wodurch sich das Allergiepotenzial der einzelnen Pollen erhöht. Bäume und Gräser setzen also mehr Allergene durch ihren Blütenstaub frei. Das führt dazu, dass die Pollen aggressiver und stärker reizend auf das Immunsystem von Allergikern wirken.
Gleichzeitig verändern Schadstoffe in der Luft wie Stickoxid, Kohlenmonoxid und Ozon die Oberfläche der Pollen. So sind in Gebieten mit hoher Luftverschmutzung die Pollen mit Schadstoffen überzogen. Das erleichtert nicht nur die Freisetzung der Allergene, sondern verstärkt auch ihren Effekt. Verschiedene Studien haben zudem gezeigt, dass Schadstoffe und Feinstaub die Freisetzung von Allergenen in der Luft fördern. Diese Kombination kann Allergien also zum einen verstärken, aber auch erst auslösen.
Luftschadstoffe und Allergien: Sind Kinder besonders betroffen?
Sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern mit Asthma verschlechtert sich die Gesundheit bei Belastung. Forscher vermuten zudem, dass Luftschadstoffe, verursacht durch Autoverkehr, zur Entstehung von Asthma bei Kindern und Jugendlichen beitragen. Doch obwohl die Belastung durch Luftschadstoffe möglicherweise erklären kann, warum mehr Kinder in verkehrsreichen Gebieten unter Allergien und Asthma leiden, als in ländlichen Regionen, ist es schwierig, die Einflüsse einzelner Schadstoffe genau zu messen. Kinder verbringen einen Großteil ihrer Zeit, vor allem in der Stadt, in Innenräumen. Zudem setzt sich die Luft immer durch mehrere Bestandteile zusammen, wie beispielsweise Luftfeuchtigkeit und Temperatur.
Luftqualität in Deutschland wird besser – Grenzwerte jedoch immer noch überschritten
Auch wenn die Belastung mit Schadstoffen in deutschen Städten in den vergangenen 25 Jahren deutlich abgenommen hat, kommt es hierzulande immer noch regelmäßig zu Überschreitungen der geltenden Grenzwerte und Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO). Während die festgelegten Werte für Schadstoffe wie Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid, Benzol und Blei mittlerweile eingehalten werden, sieht es für Feinstaub und Stickstoffdioxid immer noch schlecht aus. So hat zwar die Belastung durch Stickstoffdioxid seit 2010 deutlich abgenommen, doch der Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter lag an 42 Prozent der verkehrsnahen Messstationen im Jahresmittel noch über der empfohlenen Menge.
Belastung durch Luftschadstoffe vermeiden: Tipps für Allergiker
Wissenschaftler und Ärzte in Deutschland fordern daher die Schadstoffbelastung durch Feinstaub weiter zu senken. Vor allem verkehrsbedingte Schadstoffe sollten, laut den Experten, möglichst minimiert werden. Liegt die Stickstoffoxid-Konzentration in der Außenluft über 20 Mikrogramm pro Kubikmeter, kann das bei Kindern zu schweren Atemwegsinfektionen führen. Das erklärt der Vorstand für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA).
Um sich vor den Schadstoffen zu schützen und eine Erkrankung zu vermeiden, empfehlen führende Fachgesellschaften vor allem sich von stark belasteten Umgebungen fernzuhalten. Doch nicht immer ist das möglich. Allergiker, die an einer viel befahrenen Straße wohnen, sollten es daher vermeiden während den Hauptverkehrszeiten zu lüften Auch ist es besser zwei bis drei Mal täglich für etwa zehn Minuten frische Luft rein zu lassen, als den ganzen Tag über die Fenster zu öffnen.
Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren Redakteurinnen und Redakteuren leider nicht beantwortet werden.