1. 24vita
  2. Gesund leben

Amphetamine: Nicht Autofahren, auch wenn sie ärztlich verordnet sind

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

Wer Amphetamine einnehmen muss, sollte beim Autofahren aufpassen.
Wer Amphetamine einnehmen muss, sollte beim Autofahren aufpassen. (Symbolbild) © Cavan Images/IMAGO

Wer für die Behandlung von ADHS zu Amphetaminen greift, könnte seinen Führerschein schneller los sein als gedacht!

Lange Zeit verordneten Ärzte Amphetamine als Diätpillen oder als Mittel gegen Depressionen — heute ist der Stoff im Betäubungsmittelgesetz aufgeführt. Trotzdem nutzen immer noch viele Menschen den im Szenejargon „Speed“ getauften Stoff als illegale Partydroge, während andere Amphetaminpillen mit einem ärztlichen Rezept in der Apotheke bekommen. Die positive Wirkung der chemischen Verbindung auf Patienten mit ADHS ist seit vielen Jahren erprobt und gilt auch heute noch als erfolgreichste Behandlungsmethode.

Abgesehen von den in den meisten Straßendrogen enthaltenen Streckstoffen sind die potentiellen Nebenwirkungen bei illegalen und legalen Amphetaminen jedoch dieselben: Eine hohe Dosierung kann zu Zittern sowie Pupillenstarre führen und die Fahrtauglichkeit des Konsumenten damit erheblich einschränken. So passierte es einem deutschen Autofahrer im Januar 2022: In einer Polizeikontrolle testeten die Beamten den Fahrzeugführer positiv auf Amphetamine — ein Führerscheinentzug war die Folge. Der Fahrer konnte jedoch ein ärztliches Rezept vorweisen und legte Einspruch ein. Die Richter am Verwaltungsgericht Koblenz mussten jetzt entscheiden, ob der Vorgang der Polizeibeamten rechtmäßig war.

Amphetamine: Harte Droge, viel verordnetes Medikament

Bis in die 1930er Jahre hatten Amphetamine weltweit ein breit gefächertes Anwendungsspektrum. Die aufputschende und appetitzügelnde Wirkung des Stoffes sorgte dafür, dass Amphetamine unter verschiedensten Namen als Diätpillen, gegen Depressionen oder sogar gegen Schwangerschaftserbrechen als angemessenes Mittel empfohlen wurden.

Im Zweiten Weltkrieg sollten die von deutschen Soldaten „Panzerschokolade“ getauften Tabletten für bessere Stimmung und mehr Durchhaltevermögen in der Armee sorgen. Nachdem Amphetamin jahrelang ohne besondere Auflagen erhältlich war, wurde der Stoff in Deutschland erst 1981 im neugefassten Betäubungsmittelgesetz (BtMG) aufgeführt. Als Medikament gegen die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) wurden Amphetamine allerdings bereits Ende der 1940er Jahre erfolgreich eingesetzt.

Seitdem sind die unter verschiedenen Markennamen vertriebenen Mittel sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Erwachsenen die am meisten verbreitete Medikation für ADHS. Bei einer erfolgreichen Therapie führt die Wirkung der Amphetamine zu einer gesteigerten Konzentration und verbessert die Fähigkeiten zur Selbststeuerung. Doch auch als Partydroge findet das in der Szene „Speed“ oder „Pep“ genannte Mittel vielerorts seit Jahrzehnten Verwendung. Das weiße Pulver wird zumeist durch die Nase gezogen und ist durch seine illegale Herstellung oftmals mit anderen gesundheitsgefährdenden Streckstoffen versetzt.

Noch mehr spannende Gesundheitsthemen finden Sie in unserem kostenlosen Newsletter, den Sie gleich hier abonnieren können

Amphetamine: Der Einfluss auf die Fahrtauglichkeit

Unter Einfluss von Drogen darf man sich keinesfalls hinters Steuer setzen — da macht die deutsche Gesetzgebung keinerlei Ausnahmen. Schwierig wird es, wenn derselbe Stoff sowohl als illegale Partydroge als auch als verschreibungspflichtiges Medikament zum Einsatz kommt. Bei Amphetaminen ist genau das der Fall: Wird ein Autofahrer positiv auf den Stoff getestet, ist zunächst unklar, ob die Person illegal erworbenes „Speed“ oder ein ärztlich verordnetes Medikament zu sich genommen hat.

Der Einfluss auf die Fahrtauglichkeit kann jedoch in beiden Fällen derselbe sein. Unruhe, Zittern, Lichtstarre der Pupillen und gerötete, wässrige Augen kommen bei illegalem Amphetaminkonsum zwar häufiger vor, können jedoch ebenso die Nebenwirkung eines verschreibungspflichtigen Medikaments bei einer ADHS-Erkrankung sein. In den meisten Fällen sind diese Symptome ein klarer Hinweis darauf, dass die Fahrtauglichkeit der getesteten Person gravierend eingeschränkt ist. Dürfen Menschen, die Amphetamine vom Arzt verordnet bekommen, also nicht mehr hinters Steuer? Ein im Juni 2022 getroffener Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz könnte für diese Frage jetzt richtungsweisend sein.

Amphetamine: Laut Gerichtsbeschluss ist der Lappen weg

Im Januar 2022 war ein Autofahrer aus dem Rhein-Hunsrück-Kreis während einer Polizeikontrolle positiv auf Amphetamine getestet worden. Die Beamten hatten bei ihm „drogentypische Ausfallerscheinungen“ festgestellt, die ihrer Meinung nach seine Fahrtauglichkeit erheblich einschränkten. Die Folge war der Entzug der Fahrerlaubnis. Der Fahrzeugführer konnte jedoch nachweisen, dass er den Stoff auf ärztliche Anweisung zur Behandlung von ADHS einsetzte und zog deshalb per Eilantrag vor Gericht.

Das zuständige Verwaltungsgericht Koblenz bestätigte allerdings in seinem Beschluss die Rechtmäßigkeit des Führerscheinentzugs. Laut den Richtern sei es irrelevant, ob die beschriebenen „Ausfallerscheinungen“ durch ein Medikament auf Rezept oder durch illegal erworbenes Straßenamphetamin ausgelöst wurden — die Fahruntauglichkeit bleibe bestehen. ADHS-Patienten mit ärztlicher Verordnung müssen zukünftig trotzdem keinen direkten Führerscheinverlust befürchten: Eine Behandlung mit den Arzneimitteln ist auch bei Autofahrern weiterhin erlaubt - ausschlaggebend ist, dass das Medikament entsprechend gering dosiert wird.

Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren Redakteurinnen und Redakteuren leider nicht beantwortet werden.

Auch interessant

Kommentare