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Herzspezialist klärt auf: Spritze reduziert Cholesterinrisiko drastisch – gegen Herzinfarkt und Schlaganfall

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Von: Andreas Beez

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Professor Volker Klauss steht im Herzkatheterlabor
Herzspezialist Professor Volker Klauss rät dazu, die Cholesterinwerte im Blick zu halten – insbesondere bei weiteren Risikofaktoren für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung. © Andreas Koehler

Ein neues Medikament hilft dabei, hohes Cholesterin zu senken. Herz-Professor Volker Klauss klärt über die Spritze gegen Herzinfarkt und Schlaganfall auf.

Millionen Menschen haben mit erhöhten Cholesterin-Werten zu kämpfen. Maximal 30 Prozent des Cholesterinspiegels lassen sich über die Ernährung senken, auch regelmäßige Bewegung kann helfen. Oft müssen die Betroffenen zusätzlich Medikamente einnehmen – insbesondere dann, wenn Gefäßerkrankungen wie zum Beispiel eine koronare Herzerkrankung oder eine vererbte Fettstoffwechselstörung vorliegen; im letzteren Fall sprechen Mediziner von einer familiären Hypercholesterinämie.

Neues Medikament sorgt dafür, dass die Leber mehr Cholesterin abbauen kann

Bislang schlucken die meisten Cholesterin-Patienten sogenannte Statine. „Sie sind praktisch das Basismedikament bei hohen Cholesterinwerten“, erläutert der Münchner Herzspezialist Professor Volker Klauss (Kardiologie Innenstadt). In den letzten Jahren sind allerdings weitere Cholesterinsenker auf den Markt gekommen. Zuletzt erfuhr das Mittel Inclisiran in Fachkreisen besondere Aufmerksamkeit. Es gehört zur Gruppe der sogenannten PCSK9-Hemmer und wird als Injektion unter die Haut verabreicht. Deshalb wird es oft auch als „Spritze gegen den Herzinfarkt“ bezeichnet. „Diese PCSK9-Hemmstoffe sorgen letztlich dafür, dass die Leber mehr schädliches LDL-Cholesterin aufnehmen und abbauen kann“, erklärt Klauss.

Inclisiran-Spritze nur alle sechs Monate nötig

Der große Vorteil von Inclisiran: Im Gegensatz zu anderen PCSK9-Hemmern wie Evolocumab und Alirocumab muss es nicht alle zwei bzw. vier Wochen gespritzt werden. Stattdessen wird die Injektion einmalig nach drei Monaten wiederholt und ist anschließend nur noch jedes halbe Jahr erforderlich. Nach bisherigen Studienergebnissen ist Inclisiran in der Lage, das LDL-Cholesterin um die Hälfte zu senken und damit die Gefahr für die Entstehung von Arteriosklerose um 60 bis 90 zu senken, berichtet die Deutsche Herzstiftung.

Hohes Cholesterin: Mehr als die Hälfte der Deutschen haben erhöhte Cholesterinwerte

Von diesem Effekt können vor allem Risikopatienten massiv profitieren. Der medizinische Hintergrund: Erhöhte Cholesterinwerte sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Sie gehören gerade im fortgeschrittenen Alter zu den größten Risikofaktoren für Schlaganfall und Herzinfarkt – vor allem in Kombination mit weiteren Belastungen wie Rauchen, zu viel Alkohol, Übergewicht, Diabetes und Bluthochdruck. Deshalb sollte bei jedem die Cholesterinwerte bestimmen werden, damit Risikopatienten frühzeitig identifiziert und auch behandelt werden können. „Dazu gehört auch die einmalige Bestimmung des sogenannten Lipoprotein (a), eines weiteren Faktors aus dem Fettstoffwechsel, der Gefäßerkrankungen verursachen kann“, erläutert Klauss.

Cholesterin in Maßen als wichtiger Baustein für Zellen und Hormone

Cholesterin wird in der Leber produziert und über die Nahrung aufgenommen. Es wird als Baustein für die Körperzellen gebraucht und spielt – in Maßen – eine Rolle bei der Bildung von Gallensäure und bei der Produktion wichtiger Hormone. „Damit das Cholesterin über die einzelnen Blutgefäße in den Körper transportiert werden kann, packt der Körper die Fette in Eiweißpäckchen und bildet Lipoproteine, bestehend aus Fett (Lipid) und Eiweiß (Protein): LDL-Cholesterin und HDL-Cholesterin“, erklärt die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe.

Hohes Cholesterin befeuert Entstehung von Herzinfarkt und Schlaganfall

Insbesondere LDL-Cholesterin (Low Density Lipoprotein) kann sich in den Gefäßwänden einlagern und dadurch den schleichenden Prozess der Gefäßverkalkung befeuern, der in der Fachsprache Arteriosklerose genannt wird. „Dabei werden die Arterien immer spröder bzw. steifer und verengen sich“, erklärt Kardiologe Klauss. „Im schlimmsten Fall verschließt sich das Blutgefäß komplett, nachgelagertes Gewebe kann nicht mehr mit Sauerstoff versorgt werden – und es kommt beispielsweise zum gefürchteten GAU im Herzen oder im Gehirn.“ In Deutschland erleiden jedes Jahr knapp 200 000 Menschen einen Herzinfarkt und fast 270 000 einen Schlaganfall. Viele Opfer sterben oder bleiben nach der Erkrankung dauerhaft auf fremde Hilfe angewiesen. Laut einer Erhebung der renommierten Mayo Clinic in den USA sind weltweit fast drei Millionen Todesfälle mit einem hohen LDL-Cholesterinspiegel verbunden.

Ursachen für erhöhte Cholesterinwerte können neben einem ungesunden Lebensstil (schlechte Ernährung, zu viel Alkohol, Übergewicht und Bewegungsmangel) und auch, wie bereits erwähnt, eine erbliche Veranlagung (familiäre Hypercholesterinämie) sein. „Verschiedene Krankheiten, beispielsweise Diabetes oder eine eingeschränkte Nierenfunktion, können die negativen Effekte der hohen Cholesterinwerte noch potenzieren“, weiß Klauss.

Hohe Cholesterinwerte senken: Statine als bewährte Basismedikamente

Um den Risikofaktor Cholesterin in den Griff zu bekommen, werden schon lange erfolgreich Medikamente eingesetzt – allen voran Statine. „Sie stehen bereits seit 1987 zur Verfügung und dienen praktisch als Basismedikamente bei erhöhten Cholesterinwerten“, berichtet Klauss. Statine seien bestens erforscht, so der langjährige LMU-Wissenschaftler. Die gute Verträglichkeit habe sich erst jüngst wieder in einer großen Studie bestätigt, die im renommierten Fachjournal „The Lancet“ erschienen ist. Danach waren nur bei einem von 15 Patienten, die mit Statinen behandelt wurden, die Nebenwirkungen ursächlich auf die Statintherapie zurückzuführen.

Professor Klauss: Nebenwirkungen von Statinen mit guter Einstellung beherrschbar

Zu Statinen kursieren immer wieder auch Gerüchte, wonach sie häufig schwere Nebenwirkungen verursachen oder sogar schwere Erkrankungen verursachen können – beispielsweise Alzheimer-Demenz. Doch diese Behauptungen wurden in Studien widerlegt, unter anderem durch eine australische Forschungsarbeit der University of South Wales. Unbestritten ist dagegen, dass bei der Einnahme von Statinen – vor allem bei hohen Dosierungen – Muskelbeschwerden auftreten können. „Diese Probleme lassen sich aber meistens durch eine sorgfältige Einstellung der Medikamente vermeiden. Wichtig ist es vor allem, sich zu Beginn der Therapie behutsam an die optimale Dosis heranzutasten“, rät Herz-Spezialist Klauss.

Diese Arznei-Kombis werden häufig gegen zu hohe Cholesterinwerte verordnet

Wenn Statine alle nicht ausreichen, um die Cholesterinwerte zu drücken, werden sie häufig mit Ezetimib kombiniert – ein Arzneistoff, der die Aufnahme von Cholesterin aus dem Darm verringert. Eine weitere oft verordnete Variante ist die Kombi von Ezetimib und Bempedoinsäure. Letztere hemmt – ähnlich wie Statine – die Cholesterinaufnahme in der Leber, soll aber weniger Muskelschmerzen verursachen. Die neueren Medikamente in Spritzenform sieht der Kardiologe Klauss als gute Ergänzung der Therapieoptionen. „Sie sind vor allem für die Patienten sinnvoll, bei denen die Tabletten nicht den gewünschten Erfolg bringen.“

Allerdings, so Klauss weiter, werde bei den meisten Patienten eine Spritzentherapie alleine in der Regel nicht ausreichen. „Es wird fast immer eine Kombination nötig sein.“

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