Kind hat Wutanfall? Sieben Tipps, wie Sie als Eltern reagieren können
Wutanfälle der Kleinen können anstrengend sein, für Kinder und Eltern. Was hilft: Auf keinen Fall mit Wut zurück reagieren.
Wie kräftezehrend sich Wutanfälle anfühlen, erleben viele Eltern hautnah mit ihrem Nachwuchs ab einem Alter von circa zweieinhalb Jahren. Ab dieser Phase des Kleinkindalters zeigt sich das angeborene Bedürfnis, autonom zu handeln. Was im gängigen Sprachgebrauch gerne als Trotzphase bezeichnet wird, sieht die Entwicklungspsychologin und Grundschullehrerin Dr. Martina Stotz als ein wichtiges Mittel zur Entwicklung des kindlichen Selbstbewusstseins.
Wutanfall Ihres Kindes: So sollten Sie als Eltern unbedingt reagieren

Es gibt verschiedene Entwicklungsphasen, in denen sich starke Gefühle wie Wut und Zorn bemerkbar machen. Sie sind Ausdruck einer natürlichen Entwicklung und wichtig für ein gesundes Selbstbewusstsein. Bereits ab dem zweiten Lebensjahr beginnen sich Kinder aus der kompletten Abhängigkeit von ihren Eltern zu lösen, indem sie eben auch mal „Nein“ sagen. Nur so entwickeln sich Kinder zu unabhängigen Individuen und Erwachsenen und können auch mal alleine zu Hause bleiben. Je mehr Eltern versuchen, diese Entwicklung des Kindes zu verhindern, zu beeinflussen oder darüber zu bestimmen, desto häufiger reagiert das Kind häufig mit Trotz. Vielmehr brauchen Kinder in diesem Alter Eltern, die empathisch reagieren.
Diese Entwicklungsphasen Ihre Kindes sind mit starken Gefühlen wie Wut und Zorn verbunden:
- Trotzphase Ihres Kindes (Zweites bis drittes Lebensjahr)
In der sogenannten Trotzphase beginnt das Kind ab ca. zweieinhalb Jahren, Regeln und Aufgaben zu hinterfragen. Die Kleinen möchten plötzlich Dinge, um die Eltern sie bitten, nicht mehr tun und weigern sich vehement dagegen – häufig begleitet von Wutausbrüchen, Schreien, Weinen sowie Um-sich-schlagen. Für viele Eltern kommt diese erste Trotzphase wie aus heiterem Himmel, da sich ihr Kind bis dahin möglicherweise komplett ohne Wutausbrüche zeigte. - Sechs-Jahres-Krise Ihres Kindes (Fünftes bis sechstes Lebensjahr)
Zwischen dem fünften und sechsten Lebensjahr können Vorschulkinder die gleichnamige Krise durchlaufen. Manche sind launisch, trotzig, wirken unzufrieden. Andere Kinder reagieren, indem sie sich zurückziehen. Wiederum andere Fünf- bis Sechsjährige spüren eine Traurigkeit oder zeigen sogar ängstliches Verhalten. - Vorpubertät (Achtes bis zehntes Lebensjahr)
Die Vorpubertät ist die Vorstufe der Pubertät, in denen Kinder lernen, ihre Grenzen auszutesten und sich allmählich vom Kind zum Teenager entwickeln. Diese Veränderung macht sich nicht nur körperlich, sondern auch geistig bemerkbar. Darüber hinaus beginnen in dieser Phase die ersten Hormone verrückt zu spielen, was zu verändertem Verhalten führen kann. - Pubertät (ab dem 12. Lebensjahr)
Die Pubertät (von lat. pubertas „Geschlechtsreife“) ist die Endphase des Jugendalters, in der die Geschlechtsreife und Fortpflanzungsfähigkeit abgeschlossen wird. Mädchen wie Jungen verhalten sich in der Pubertät oftmals ganz anders, als ihr Umfeld sie aus Kindertagen kennt. Einige werden sehr schnell ärgerlich, reagieren launisch oder zickig. Wieder andere sind besonders aufgedreht, manche hingegen eher verschlossen und suchen wenig Kontakt.
Wutanfälle der Kleinen – Gründe, warum das Kind plötzlich „ausflippt“
Wut hat viele Ursachen. Das weiß auch Dr. Stotz aus ihrer täglichen Arbeit mit Kindern und Eltern zu berichten. Viele Kinder reagieren in manchen Situationen deswegen mit Wut, da sie außer beispielsweise Zorn und lautem Schreien noch keine andere Strategie zur Bewältigung kritischer Situationen entwickelt haben.
Gründe für einen Wutausbruch Ihres Kindes können sein:
- Der Wunsch, autonom zu handeln: Bei Kindern zwischen etwa zweieinhalb bis drei Jahren kann der Wutausbruch ein Versuch sein, Autonomie zu erlangen.
- Ein Ausdruck von Überforderung
- Bewegungsmangel
- Reizüberflutung
- Mangelndes Selbstwertgefühl
- Frustration
- Einfluss von außen durch andere Kinder oder Vorbilder, wie die (wütenden) Eltern selbst
Wutanfall Ihres Kindes – Was Eltern tun können
In der Regel sind Wutanfälle Ihres Kindes vollkommen normal und entsprechen einer gesunden, menschlichen Entwicklung. Wichtig sollte sein, dass sich Eltern in Phasen der Wut und starker Emotionen, Strategien zurecht legen, um dem Kind gerecht zu werden. Sind die Phasen von Wut und Zorn so stark ausgeprägt, dass das Kind sich oder andere verletzt, oder lernt das Kind nur schwer bis gar nicht, sich selbst zu regulieren und beruhigen, sollten Eltern die Kinderärztin/den Kinderarzt aufsuchen. Eine Diagnostik zu Erkrankungen wie Autismus oder ADHS könnte möglicherweise sinnvoll sein.
Was Eltern während Wutausbrüchen selbst helfen kann und wie sie auf Ihr Kind reagieren sollten:
- Tief durchatmen, Augen schließen, wieder öffnen und dann als Eltern erst versuchen, mit dem Kind in Kontakt zu kommen.
- Gleiches gilt für Eltern und Kind gemeinsam: zusammen tief und fest ein- und ausatmen. Dabei mit sanfter Stimme auf das Kind eingehen. Oftmals reicht schon ein sanftes „Pschschscht“.
- Wenn Eltern spüren, dass sie selbst mit Wut reagieren könnten, am besten die Situation verlassen und Hände und Unterarme kalt abwaschen.
- Mit dem Kind das Gespräch suchen und beruhigen, mit Aussagen wie „Ich sehe, dass Du ganz viel Wut in Dir hast. Wie kann ich Dir helfen, dass die Wut weg geht? Was brauchst Du jetzt?“
- Als Eltern den Raum wechseln, dem Kind dabei sagen: „Sobald Du Dich beruhigt hast, kannst Du gerne zu mir kommen, in Ordnung.“
- Für manche Kinder kann ein Lieblingskuscheltier ein Anker sein, um sich zu beruhigen. Rollenspiele, indem der Stofftier-Freund zum Kind „spricht“ und neutral fragt „Kann ich Dir helfen?“, können dazu beitragen, dass sich das Kind beruhigt.
- Nach dem Wutausbruch dem Kind ohne Schuldgefühl vermitteln, dass lautes Schreien und Hauen anderen Menschen bzw. der Mama oder dem Papa (je nach Situation) weh tut
Wut Ihres Kindes – warum das Gefühl in Ordnung ist
„Kinder haben kein Trotzalter“, so sagte einst schon der bekannte dänische Familientherapeut Jesper Juul. Laut ihm sollten Eltern die wachsende Unabhängigkeit ihres Kindes als Geschenk betrachten, weniger als ein Problem. Wenn Kindern stets „negative“ Gefühle untersagt würden, könne keine gesunde Beziehung zu sich selbst entstehen.
Wutausbrüche und Schreianfälle von der Trotzphase bis zur Pubertät sind mitunter sehr stressig und eine harte Geduldsprobe für Eltern. Dennoch sollte die Botschaft an Ihr Kind stets sein: „Du bist okay, so wie du bist, und wir lieben dich.“
Grundsätzlich sind jegliche Gefühle Ihres Kindes in Ordnung und berechtigt – auch Schreien und Weinen hat Gründe. Eltern können durch starke Gefühlsausbrüche und Schreien ihrer Kinder sehr leicht verunsichert werden. Dabei zeigte das Ergebnis einer Studie: Kinder würden mit dem Alter ruhiger, wenn Eltern gelassener wären und Babys auch mal schreien lassen würden.
Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren RedakteurInnen leider nicht beantwortet werden.