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Long Covid: „Pacing“-Methode kann bei Erschöpfung im Alltag helfen

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Von: Judith Braun

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Wer von Long Covid betroffen ist und unter Erschöpfung leidet, kann den Alltag häufig nicht mehr bewältigen. Hier kann die Pacing-Strategie helfen.

Noch Wochen oder gar Monate nach einer Corona-Infektion kann das Virus Auswirkungen auf den Körper haben. Betroffene leiden dann je nach Dauer der Langzeitfolgen entweder unter Long Covid oder Post Covid. Long Covid kann sich durch verschiedene Symptome bemerkbar machen. Eines der häufigsten Anzeichen ist wohl anhaltende Müdigkeit und chronische Erschöpfung, das sogenannte Fatigue-Syndrom. Damit sich Betroffene ihren Alltag erleichtern können, empfehlen Mediziner die „Pacing“-Methode zum Energie-Management.

Long Covid: „Pacing“-Methode kann bei Fatigue im Alltag helfen

Frau liegt auf dem Sofa.
Wer an Fatigue leidet, kann seinen Alltag häufig nur noch schwer bewältigen. (Symbolbild) © Jake Jakab/IMAGO

Sowohl potenzielle Risikofaktoren als auch Symptome des Long Covid-Syndroms sind Wissenschaftlern inzwischen bekannt. So können beispielsweise eine hohe Virenlast, Diabetes-Typ-2 oder eine geringe psychische Belastbarkeit das Risiko für eine Erkrankung erhöhen. Und auch die Symptome sind vielfältig. Als bisher erforscht gelten unter anderem folgende Anzeichen:

Wer gerade an letzterem leidet, kann seinen Alltag nur noch schwer bewältigen. Lange Fehlzeiten im Job und eine verminderte Lebensqualität sind die Folgen. „Schon leichte Alltagsbelastung kann die Fatigue, aber auch die Schmerzen, langanhaltend verschlimmern. Versucht man, das normale Alltagspensum fortzuführen, kann es mit der Zeit schlechter und schlechter gehen“, erklärt Prof. Carmen Scheibenbogen, Leiterin des Charité Fatigue Centrum in Berlin, die sich vor allem mit dem Chronischen Erschöpfungssyndrom (ME/CFS) beschäftigt. Allerdings sei Erschöpfung nicht gleich Erschöpfung.

Mit der Energie haushalten: Long-Covid-Patienten sollen Tempo im Alltag kontrollieren

Ein Teil der Long-Covid-Patienten leidet nämlich an Post-Exertionelle Malaise (PEM). Neben der Erschöpfung haben Betroffene meist auch noch andere Beschwerden, wie zum Beispiel Luftnot, Muskelschmerzen oder Herzrasen. Belastet man sich zu stark, dann können sich auch diese Symptome verschlimmern, meint Prof. Martina Lukas, Chefärztin der Inneren Medizin II der DKD Helios Klinik in Wiesbaden. So ist es zwar bei einer „normalen“ Erschöpfung durchaus förderlich, wenn man Sport treibt. Leidet man jedoch unter PEM, kann eine solche Anstrengung fatale Folgen haben und sogar bis zu einem Zusammenbruch führen. Betroffene könnten dann erstmal gar nichts mehr machen.

Experten empfehlen Patienten deshalb, eine sogenannte Pacing-Strategie zu entwickeln. Pacing leitet sich vom englischen Begriff „pace“ für Geschwindigkeit ab. Martina Lukas erklärt es so: „Pacing heißt, schonend mit den eigenen Ressourcen umzugehen und zu erkennen, wo die eigenen Grenzen liegen.“ Betroffene sollen daher nicht einfach weitermachen, als wäre die Erschöpfung gar nicht da, sondern ihr Tempo im Alltag kontrollieren. Das bedeutet: Wird eine Anstrengung zu groß und die Belastung zu hoch, dann sollte rechtzeitig die Bremse gezogen werden. So kann bei den Patienten die Lebensqualität im Alltag wieder gesteigert werden, selbst wenn die Symptome dadurch nicht verschwinden.

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Pacing-Strategie bei Long Covid: Energie aufteilen und Aktivitäten in Tagebuch festhalten

Zu Beginn rät Lukas deshalb zu einer Energie-Bestandsaufnahme. Die Frage lautet also, wie viel Energie habe ich überhaupt? „Man kann sich vorstellen, dass man für jeden Tag einen Sack mit Energieperlen zur Verfügung hat“, so die Expertin. „Jede Aktivität kostet eine Energieperle – das Ausräumen des Geschirrspülers, die Runde mit dem Hund, das Kochen des Mittagessens.“ Außerdem sollten auch kognitive Tätigkeiten, wie zum Beispiel Lesen oder Fernsehen berücksichtigt werden, da sie ebenfalls Energie rauben und gerade auch für Fatigue-Leidende anstrengend sein können.

Helfen kann dabei unter anderem ein Tagebuch, in dem man seine Tätigkeiten festhält. So kann man überprüfen, wenn es einem schlecht geht, was man beispielsweise an diesem Tag alles gemacht hat und ob es möglicherweise zu viel war. Es geht darum, mit der Zeit sein optimales Pensum zu finden und dieses im Alltag nicht zu überschreiten. Um einem Zusammenbruch vorzubeugen, hilft es, am Abend noch ein paar Energieperlen übrigzuhaben.

Zudem sollten Betroffene die Ansprüche an sich selbst anpassen. Die Fenster müssen nicht frisch geputzt sein und zum Abendessen tut es eben auch mal bestelltes Essen, anstatt sich selbst etwas zu kochen. Es empfiehlt sich außerdem, Aufgaben im Haushalt und in anderen Lebensbereichen aufzuteilen und nicht alles an einem Tag unterbringen zu wollen. Geht man an einem Tag spazieren, muss dafür nicht auch noch das Bad geputzt werden. Hier sollte man auch immer auf seinen Körper hören, schließlich gibt es mal gute und schlechte Tage.

Long-Covid-Betroffene sollten aktiv bleiben, aber sich nicht überfordern

„Es ist wichtig, aktiv zu bleiben“, appelliert Scheibenbogen. Wichtig ist, dass sich Patienten nicht überfordern. Sich gar nicht mehr zu fordern, ist jedoch auch nicht die Lösung. Patienten sollten schauen, wie viel sie mit ihrer Energie schaffen und wenn es irgendwann möglich ist, können sie sie Stück für Stück steigern.

Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren Redakteuren und Redakteurinnen leider nicht beantwortet werden.

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