Mann nach fast zwei Wochen aus Ärmelkanal gerettet: Arzt erklärt, ab wann Unterkühlung gefährlich wird
Kurzfristiges Frösteln steckt der Körper ohne Probleme weg, eine Unterkühlung hingegen kann tödlich enden. Vor allem Menschen in Seenot sind gefährdet.
Ein britischer Kajakfahrer ist knapp dem Tod entronnen. Der 28-Jährige, dessen Namen nicht veröffentlicht wurde, hatte sich in Badehose und Kajak auf den Weg von Dover nach Frankreich gemacht. Nach zwölf Tagen im Ärmelkanal wurde der in Seenot geratene Mann von niederländischen Fischern gefunden. Wie das britische Portal The Sun berichtete, hatte sich der 28-Jährige zwölf Tage lang von Seetang und Krabben ernährt. „Es war ein Wunder, dass er überlebt hat, es ist fast wie in einem Kinderbuch“, zitiert The Sun den Skipper Teunis de Boer, der den Mann in Seenot entdeckt hatte.
Er war dehydriert und litt an schwerer Unterkühlung, als er an Bord des Fischereischiffs gebracht wurde, heißt es weiter. Nur 26 Grad Celsius soll seine Körpertemperatur betragen haben. Ab welcher Körpertemperatur von einem medizinischen Notfall die Rede ist, erklärt der ehemalige Direktor der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie am Universitätsklinikum des Saarlandes, Professor Reinhard Larsen.
Starke Unterkühlung: Atmung setzt aus, Bewusstlosigkeit droht
„Ein Abfall der Körpertemperatur unter 32°C gilt als medizinischer Notfall“, schreibt Reinhard Larsen im Fachbuch „Anästhesie und Intensivmedizin für die Fachpflege“. „Unterhalb dieser Temperaturen versagen die Regulationsmechanismen: Die Körpertemperatur fällt weiter ab. Zwischen 30 und 27°C löst zunehmende Muskelsteife das Muskelzittern ab“, heißt es weiter im Fachbeitrag. Die Folgen von schwerer Hypothermie, wie eine gefährliche Unterkühlung im Fachjargon genannt wird, sind Larsen zufolge gravierend:
- Unter 30 Grad Celsius treten Herzrhythmusstörungen auf.
- Bei Temperaturen zwischen 20 und 30 Grad droht Kammerflimmern.
- Bei 24 Grad Celsius Körpertemperatur setzt in die Regel die Atmung aus.
- Sinkt die Körpertemperatur auf 33 Grad Celsius, kommt es zu Bewusstseinsstörungen, bei 30 Grad tritt Bewusstlosigkeit auf.
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Leichte bis schwere Unterkühlung: So handeln Sie richtig
Leichte Unterkühlung erkennt man dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) zufolge unter anderem an Kältezittern und einer gesteigerten Atmung. Der Betroffene ist ansprechbar und nicht verwirrt. Trotzdem sollte man dem DRK zufolge den Notruf wählen (Rufnummer 112). Zu den Erste-Hilfe-Maßnahmen zählt es, den Betroffenen an einen warmen Ort zu bringen, damit er sich langsam aufwärmen kann. Nasse und kalte Kleidung sollte ausgezogen werden und der Körper in eine warme Decke gewickelt werden. Wichtig: Aktive Wärme, etwa in Form von Reiben oder einer Wärmflasche, wird dem DRK zufolge nicht empfohlen. Warme und gezuckerte Getränke seien allerdings erlaubt und zu empfehlen. Ebenfalls wichtig zu wissen für Ersthelfer: Das Beruhigen und Trösten bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes ist ein wichtiger Bestandteil der Ersthilfe.
Eine Unterkühlung im Stadium II kann lebensbedrohliche Züge annehmen. Erkennen können Sie sie an folgenden Symptomen, wie das Deutsche Rote Kreuz informiert:
- Verlangsamte Atmung
- Muskelstarre
- Nachlassendes Schmerzempfinden
- Müdigkeit bis Bewusstlosigkeit
Schnelles Handeln erhöht die Überlebenschancen des Betroffenen bei schwerer Unterkühlung immens:
- Wählen Sie den Notruf 112.
- Unternehmen Sie keine Aufwärmversuche (etwa den Versuch, den Betroffenen in einen warmen Raum zu bringen).
- Unternehmen Sie ebenfalls keine aktiven Aufwärmversuche (etwa in Form einer Wärmflasche oder eines Lagerfeuers).
- Machen Sie auf sich aufmerksam, indem Sie nach Hilfe rufen.
- Drehen Sie den Betroffenen oder die Betroffene in die stabile Seitenlage.
- Decken Sie ihn oder sie zu.
- Beruhigen Sie die unterkühlte Person bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes. Falls sie nicht mehr bei Bewusstsein ist, aber normal atmet: Kontrollieren Sie die Atmung. Setzt diese aus, beginnen Sie die Herz-Lungen-Wiederbelebung. Diese sieht wie folgt aus: Beugen Sie den Kopf der betroffenen Person nach hinten und öffnen Sie den Mund, machen Sie den Oberkörper der Person frei, legen Sie dann den Ballen einer Hand auf die Mitte des Brustkorbes und setzen Sie den Ballen der anderen Hand auf die erste Hand. Beide Arme durchstrecken und mit einer Frequenz von 100 bis 120 Mal pro Minute senkrecht von oben den Brustkorb zirka fünf bis sechs Zentimeter nach unten drücken. Druck- und Entlastungsdauer sollten gleich sein, so das Deutsche Rote Kreuz.