Insektengiftallergie: Mücken, Bienen, Wespen und Co. – erste Hilfe bei allergischen Reaktionen
Der Stich einer Biene oder Wespe ist immer unangenehm. Bei Menschen mit Insektengiftallergien kann er aber schwere Reaktionen auslösen und im schlimmsten Fall sogar tödlich enden. Betroffene sollten deshalb wissen, wie sie sich im Notfall zu verhalten haben.
- Ausgelöst werden Insektengiftallergien hauptsächlich von Bienen und Wespen
Im schlimmsten Fall droht Betroffenen ein lebensbedrohlicher anaphylaktischer Schock
Langfristige Linderung bringt nur eine Hyposensibilisierung
Nürnberg – So richtig wohl ist den meisten Menschen in der Anwesenheit von Bienen, Wespen oder Hornissen nicht – schließlich können sich die Insekten bei Bedrohung mit einem schmerzhaften Stich zur Wehr setzen. Für die meisten Menschen ist das zwar unangenehm, in der Regel aber harmlos. Ganz anders sieht es aus, wenn der Körper allergisch auf das Insektengift reagiert. Im schlimmsten Fall droht dann sogar ein anaphylaktischer Schock, der lebensbedrohlich sein kann.
Insektengiftallergie – Risikofaktoren, Ursachen und Auslöser
Insektengiftallergien sind vergleichsweise selten. Laut Robert Koch-Institut in Berlin sind nur etwa 1 % der Frauen und noch weniger Männer von einer Insektengiftallergie betroffen. Insgesamt haben Menschen, die sich (berufsbedingt) häufig in der Nähe von Bienen oder Wespen aufhalten, ein höheres Risiko, eine Allergie gegen Insektengifte zu entwickeln. Hintergrund ist, dass eine Insektengiftallergie in der Regel erst nach einem vorangegangen Stich auftritt. Der Körper ist dann auf das Insektengift sensibilisiert. Gefährdete Berufsgruppen sind:

- Imker
- Mitarbeiter in Obstläden und Bäckereien
- Gärtner oder Waldarbeiter
- Feuerwehrangehörige
- Landwirte
Bei einer Allergie gegen Insektengift reagiert das Immunsystem überempfindlich auf bestimmte, im jeweiligen Insektengift enthaltene Eiweiße (Allergene). Beim ersten Kontakt produziert es Antikörper gegen diese („Sensibilisierung“), die fortan in den Zellen der Haut lagern und das Abwehrsystem alarmieren, sobald es zum erneuten Allergenkontakt kommt. Diese Abwehrreaktion äußert sich dann innerhalb von Minuten in Form der typischen allergischen Symptome.
Insektengiftallergie: Das sind die wichtigsten Symptome
Bei der Insektengiftallergie handelt es sich um eine Typ-I-Allergie. Das heißt, die Symptome treten sofort bzw. wenige Minuten nach dem Kontakt mit dem Allergen (dem Insektengift) auf. Dabei gilt es zwischen den für einen Insektenstich typischen Beschwerden und stärkeren Symptomen, die auf eine Allergie hinweisen, zu unterscheiden.
Normale Reaktion des Körpers auf einen Insektenstich | |
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Symptome | Juckreiz, Rötung und Schwellung rund um die Einstichstelle |
Wo | Weniger als 10 Zentimeter um die Einstichstelle |
Dauer | Klingen meist innerhalb eines Tages ab |
Bei einer allergischen Reaktion treten dagegen Haut-Symptome wie Juckreiz, Brennen, Rötungen und Schwellungen rund um die Einstichstelle mit einem Durchmesser von mehr als 10 cm auf. In den meisten Fällen halten sie länger als 24 Stunden an und werden manchmal von Frösteln und einem allgemeinen Krankheitsgefühl begleitet.
In schweren Fällen kann es zu Anaphylaxie und einem allergischen Schock kommen. Dabei sind mehrere Organsysteme gleichzeitig betroffen. Symptome, die auf eine anaphylaktische Reaktion hindeuten können, sind:
- Juckreiz, Rötung und Nesselausschlag am ganzen Körper
- Schwindel, Übelkeit und Magen-Darm-Beschwerden
- Allgemeine Schwäche
- Schwellungen an Händen und im Gesicht
- Atemnot, Blutdruckabfall, Kreislaufkollaps (allergischer Schock)
Während eine Anaphylaxie mit Symptomen am ganzen Körper tendenziell immer lebensbedrohlich ist, sieht es bei einer lokal begrenzten allergischen Reaktion auf Insektengift anders aus. An den meisten Stellen ist auch für Menschen mit einer leichten Insektengiftallergie ein Stich eher harmlos. Probleme und Komplikationen treten vor allem auf, wenn das Insekt in die Atemwege gelangt und dort zusticht. Durch eine starke Schwellung kann es dann zu Symptomen in den Atemwegen, wie Atemnot und im schlimmsten Fall zum Ersticken kommen. In einem solchen Notfall ist schnelles Handeln gefragt.
Insektengiftallergie: Sind für Allergiker alle Insektenstiche ein Problem?
Auch wenn häufig von einer Insektengiftallergie im Allgemeinen gesprochen wird, können nur die wenigsten Insekten tatsächlich eine allergische Reaktion auslösen. In der Regel ist vor allem das Gift sogenannter Hautflügler (Hymenoptera) problematisch. Insgesamt sind derzeit folgende, durch Insekten übertragende Allergene bekannt:
- 12 Allergene in Bienengift
- 11 Allergene im Gift verschiedener Wespenarten
- 2 Allergene im Gift von Hummeln
- 2 Allergene in Hornissengift
Da sich das Gift dieser Tiere teilweise sehr ähnelt, kann es zu Kreuzreaktionen kommen. So führt eine Bienengiftallergie in 75 % der Fälle auch zu allergischen Reaktionen auf Hummelstiche, während Wespengiftallergien in etwa 75 % der Fälle auch allergische Reaktionen auf Hornissenstiche auslösen. Betroffene einer Bienengiftallergie können zudem auch gegen Wespenstiche allergisch reagieren und umgekehrt. Sie können aber auch unabhängig davon gegen beide Insektengifte allergisch sein. Auch eine Allergie gegen Hummelgift und Hornissengift ist möglich, aber selten. Besonders wichtig ist die sorgfältige Diagnostik der Allergien, um später die passenden Allergene für eine Hyposensibilisierung zu wählen.
Auch das Gift des Eichenprozessionsspinners kann (schwere) allergische Reaktionen hervorrufen. Die Raupen des Nachtfalters haben giftige Brennhaare, die sie vor Fressfeinden schützen und bei Kontakt mit Haut, Schleimhäuten oder Atemwegen auch für Menschen gefährlich sind. Ausgelöst werden die Beschwerden durch das Nesselgift Thaumetopoein.
Ebenfalls möglich, wenn auch selten, sind Mückenstichallergien. Bei Betroffenen fallen die typischen Symptome nach einem Mückenstich wie Schwellungen und Juckreiz weitaus stärker aus. Auch die Schleimhäute können anschwellen. In schweren Fällen kann es zu einer Nesselsucht am ganzen Körper kommen.
Insektengiftallergie: Wann kommt es zu einem anaphylaktischen Schock?
Nur weil jemand eine Insektengiftallergie hat, kommt es bei einem Stich nicht zwangsläufig zu einem lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock. Das Risiko für eine solch schwerwiegende Reaktion hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Risikofaktoren sind:
- Frühere leichte allergische Reaktionen
- Eine schwere Anaphylaxie in der Vergangenheit
- Höheres Lebensalter (40+)
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- (Allergisches) Asthma
- Körperliche oder psychische Belastung
- Spezielle Medikamente, beispielsweise Betablocker oder ACE-Hemmer
- Die Einnahme bestimmter Schmerzmittel
Eine Erkrankung, die das Risiko eines anaphylaktischen Schocks bei einem Insektenstich erhöht, ist die sogenannte Mastozytose. Dabei handelt es sich um eine seltene Krankheit, bei der die Anzahl der für die Immunabwehr verantwortlichen Mastzellen krankhaft erhöht ist. Die Mastzellen schütten bei einer allergischen Reaktion unter anderem den entzündungsfördernden Stoff Histamin aus. Besonders viele Mastzellen bedeuten besonders viel Histamin. Deswegen sind allergische Reaktionen bei Patienten mit Mastozytose oft außergewöhnlich ausgeprägt.
Insektengiftallergie – Erste Hilfe ist bei einer allergischen Reaktion wichtig
Ist eine Insektengiftallergie bekannt, sollte die Reaktion auf einen Stich immer genau beobachtet werden. Treten lediglich lokale Symptome auf, ist meist eine Versorgung mit Medikamenten aus der Apotheke oder Hausmitteln ausreichend. Antihistaminika in Tablettenform lindern die Reaktion bei rascher Einnahme nach dem Stich. Außerdem können Betroffene ein entzündungshemmendes Cortisonpräparat auf die betroffene Stelle auftragen. Die Einstichstelle zusätzlich zu kühlen, kann Schmerzen und Schwellungen lindern.
Wichtig ist außerdem, das Betroffene die nächsten Stunden unter Beobachtung bleiben und mögliche Symptome, die auf einen anaphylaktischen Schock hinweisen, frühzeitig zu erkennen. Dieser kann, wenn auch selten, bis zu acht Stunden nach dem Stich auftreten.
Insektengiftallergie – Erste Hilfe bei einem anaphylaktischen Schock
In den meisten Fällen tritt eine schwere Allgemeinreaktion schon einige Minuten nach dem Stich auf. Symptome, die auf einen allergischen Schock hindeuten können, sind:
- Hautrötung und Nesselausschlag
- Kratzen in Hals und Rachen, teilweise mit Atemnot
- Schwellung der Lippen und des Gesichts
- Übelkeit, Erbrechen
- Jucken der Handflächen und Fußsohlen
- Unbestimmtes Angstgefühl
In solchen Fällen sollte umgehend der Notarzt gerufen werden. Bis zu dessen Eintreffen können Erste-Hilfe-Maßnahmen lebensrettend sein. Treten keine Atembeschwerden auf, sollten sich Betroffene hinlegen und die Beine höher lagern. Treten Atembeschwerden auf, kann es helfen, den Betroffenen aufrecht hinzusetzen. Setzt die Atmung aus, muss eine Mund-zu-Mund-Beatmung durchgeführt werden. Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand muss sofort mit der Reanimation begonnen werden.
Im Idealfall tragen Risikopatienten mit Insektengiftallergie immer ein Allergie-Notfallset mit sich. Es wird vom Arzt verschrieben und enthält unter anderem einen Adrenalin-Autoinjektor. Adrenalin stabilisiert Blutdruck und Kreislauf. Die Anwendung des Autoinjektors ist einfach und kann auch von Laien durchgeführt werden. Dazu muss zunächst die Schutzkappe entfernt werden. Ist eine Nadel sichtbar, sollte diese in den Oberschenkel gestoßen werden. Ist nur eine Öffnung zu sehen, muss der Injektor direkt auf der Haut oder Hose angesetzt werden und anschließend der Auslöser betätigt werden. Es sollten zehn Sekunden vergehen, bevor die Nadel wieder herausgezogen wird.
Insektengiftallergie: Therapie durch Hyposensibilisierung
Da bei einer Insektengiftallergie das Risiko einer lebensbedrohlichen Anaphylaxie besteht, sollte die Allergie nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAI) in Nürnberg behandelt werden. Die einzige Therapie, die die Ursache der Allergie behandelt ist die Hyposensibilisierung (spezifische Immuntherapie). Bei dieser Behandlung wird dem Patienten regelmäßig das Insektengift in langsam steigenden Dosen verabreicht. Dies geschieht mindestens monatlich über einen Zeitraum von etwa drei Jahren. Durch die Injektionen gewöhnt sich das Immunsystem an die Allergene und reagiert mit der Zeit immer schwächer.
Wichtig zur Therapiekontrolle der Hyposensibilisierung sind sogenannte Provokationstests. Dabei lassen sich Allergiker unter ärztlicher Aufsicht gezielt von einem Insekt stechen, um den Erfolg der Hyposensibilisierung zu prüfen.
Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren Redakteurinnen und Redakteuren leider nicht beantwortet werden.