Schlaganfall nach Gürtelrose: Patienten berichten von Spätfolgen mit chronischen Schmerzen
Wer Windpocken hatte, kann auch eine Gürtelrose entwickeln. Spätfolge dieser Virusinfektion kann auch ein Schlaganfall sein.
München – Windpocken gelten im Volksmund als typische „Kinderkrankheit“, weil es in der Regel die Kinder sind, die sich in frühen Jahren mit dem Varizella-Zoster-Virus (VZV) infizieren. Dabei können sich auch ungeimpfte Jugendliche und Erwachsene mit dem Erreger anstecken und erstmalig Windpocken durchmachen sowie Jahrzehnte nach der Infektion eine Gürtelrose als Folgeerkrankung entwickeln – nicht selten mit einem schweren Verlauf sowie Komplikationen und Spätfolgen, wie uns die beiden Patientinnen Pia H. und Barbara D. exklusiv im Interview berichten.
Gürtelrose: erste Symptome und mögliche Komplikationen

Ausgelöst wird eine Gürtelrose durch verschiedene Gründe wie Stress. Häufig beginnt die Erkrankung mit starker Erschöpfung, Müdigkeit und nicht selten Fieber. In den allermeisten Fällen treten plötzlich starke Schmerzen auf, die nicht selten in den Rücken, die Arme oder auch in den Kopf und das Gesicht ausstrahlen und so zunächst missinterpretiert werden, wie es auch Pia H. und Barbara D. erlebten. Erst nach ca. fünf Tagen zeigten sich die typischen Symptome: starke Nervenschmerzen und roter Hautausschlag mit Bläschen.
Gürtelrose Spätfolgen: Patientin berichtet von Komplikationen mit Schlaganfall
Die „Gürtelrose“ betrifft jedoch bei weitem nicht nur die Haut im Gürtelbereich. Auch Gehirninfektionen sind möglich, insbesondere nach einer vorangegangenen Corona-Erkrankung. Die Patientin Pia H. erzählt exklusiv im Interview mit 24vita.de, wie ihre Gürtelrose-Erkrankung begann und welche schweren Komplikationen sie erlebte.
Sehr geehrte Frau H., wie stellte sich heraus, dass Sie an einer Gürtelrose erkrankt sind?
Zunächst dachte ich an eine Zerrung und habe ein Schmerzmittel eingenommen, welches aber nicht wirklich half. Kurz dachte ich sogar an einen Herzinfarkt – da die Schmerzen von der Brust in den linken Arm ausstrahlten. Mein Partner hat die betroffene Stelle mit einer schmerzlindernden Salbe eingerieben und dabei seltsame Pickelchen auf meinem Rücken entdeckt. Zufällig hatte einer seiner Arbeitskollegen gerade eine Gürtelrose gehabt und ihm die Symptome geschildert.
So kam er darauf, dass es sich bei meinen Beschwerden um eine Gürtelrose handeln könne. Zuerst hielt ich das für unmöglich und meinte, das seien bestimmt allergische Reaktionen auf die Salbe. Dann wurde ich aber doch nachdenklich und bat ihn, ein Foto zu machen. Ich selbst konnte die Stelle zwischen meinen Schulterblättern gar nicht richtig sehen. Das Foto schickte ich dann an meinen Schwiegersohn, der Arzt ist und sich auf diesem Gebiet gut auskennt. Er hatte mich witzigerweise sogar Anfang März auf die Gürtelrose-Impfung angesprochen, da er mir meine Erschöpfung anmerkte.
Mein Schwiegersohn stellte dann auch anhand des Bildes die Ferndiagnose „Gürtelrose“ und drängte mich umgehend – es war Freitagabend – zum Arzt zu gehen. Er bat mich eindringlich, nicht zu zögern, da die Nervenschmerzen im Arm chronisch werden könnten, wenn sie nicht schnellstmöglich behandelt würden.
Wie entwickelten sich Ihre Beschwerden?
Nach Beginn der Therapie mit Virustatika ließen die Schmerzen im Rücken relativ schnell nach. Die Schmerzen und die Schwellung im linken Arm hielten jedoch noch über etwa zwei Wochen an und ich machte mir schon Sorgen, dass diese bleiben würden.
Gab es Komplikationen im Zusammenhang mit Ihrer Gürtelrose-Infektion?
Ja, ca. drei Wochen nach Beginn der ersten Symptome sah ich plötzlich Doppelbilder und erlebte Gangunsicherheiten. Im Krankenhaus wurde eine sogenannte transitorische ischämische Attacke (TIA) diagnostiziert, eine Art Schlaganfall, verursacht durch eine Minderdurchblutung des Gehirns. Erst später erfuhr ich, dass man in den ersten sechs Monaten nach einer akuten Herpes Zoster-Infektion ein erhöhtes Risiko hat, einen Schlaganfall zu erleiden. Auch hier hatte ich „Glück im Unglück“, denn nach der Behandlung auf einer speziellen Schlaganfall-Station blieben keine Einschränkungen zurück.
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Gürtelrose Spätfolgen: Patientin berichtet von chronischen Schmerzen
Dass Gürtelrose eine schwerwiegende Viruserkrankung ist, musste auch die Patientin Barbara D. erleben. Im exklusiven Interview berichtet die 44-Jährige über ihre Herpes-Zoster-Infektion und darüber, mit welchen Spätfolgen sie bis heute – über zehn Jahre nach ihrer Gürtelrose – leben muss.
Sehr geehrte Frau D., wie äußerte sich Ihre Gürtelrose und welchen Verlauf nahm die Erkrankung?
Die ersten Anzeichen zeigten sich bei mir mit 31 Jahren, ich hielt es zunächst für einen entzündeten Pickel. Aber dieser Pickel ging nicht mehr weg. Schon nach kurzer Zeit kam ein starker, stechender Schmerz hinzu, am Hals und im Gesicht. Ich konnte keinen Schal und kein Halstuch mehr tragen. Ich konnte auch nicht mehr auf der Seite liegen und fühlte mich sehr schnell und sehr lange erschöpft. Ein Arzt verschrieb mir eine Tinktur gegen den Juckreiz, ein antivirales Medikament und ein Schmerzmittel. Doch die Gürtelrose blieb. Immer wieder fühlte es sich an, als hätte ich mir die Haut an einer scharfen Papierkante aufgeschnitten und die Wunde mit Salz bestreut. Es war ein brennender, schneidender Schmerz, der mich bei jeder Kopfbewegung durchzuckte – selbst das Kämmen meiner Haare war schmerzhaft. Hinzu kam: Ich fühlte mich ständig müde und antriebslos. Ich glitt in eine depressive Phase hinein, die meine Symptome noch verstärkte.
Neben der Gürtelrose litt ich unter Migräne-Attacken, die sich nun rasant steigerten. Ich vermute, dass die Migräne und die Gürtelrose sich gegenseitig verstärkten – ich konnte deshalb meiner Arbeit als Vertriebsmitarbeiterin nicht mehr nachgehen und wurde längerfristig krankgeschrieben. Selbst die Arbeit im Haushalt oder das Gassigehen mit dem Hund war unmöglich.
Wie geht es Ihnen heute, über zehn Jahre nach Ihrer Gürtelrose-Infektion?
Was ich damals noch nicht ahnte: Die Gürtelrose sollte nicht mehr verschwinden. Nie mehr. Die akute Phase meiner Erkrankung ist längst in eine chronische Phase übergegangen. Der medizinische Fachbegriff dafür lautet PZN – Post-Zoster-Neuralgie. Diese Spätfolge tritt bei einem von zehn Gürtelrose-Patienten auf. Bei mir hat die Gürtelrose den Trigeminus-Nerv im Gehirn geschädigt. Er reagiert deshalb schon auf Reize wie einen leichten Windzug, was zu starken Schmerzen in meiner rechten Gesichtshälfte führen kann. Schon eine leichte Sommerbrise kann diese Schmerzen auslösen, die dann oft mehrere Tage andauern. Meinen Alltag kann ich dann nur mehr schwer bewältigen.
Es sind aber nicht die Schmerzen allein, die mir zu schaffen machen. Viele Freunde und sogar Menschen aus dem Familienkreis reagierten mit Unverständnis auf meine Erkrankung – mein Mann und ich haben uns deshalb immer mehr von anderen Menschen zurückgezogen. Die chronischen Schmerzen führten mich in die Berufsunfähigkeitsrente und bis heute habe ich häufig Probleme, sobald ich mich im Freien aufhalte. Als Vorsichtsmaßnahme bringe ich dann ein Pflaster an den schmerzempfindlichen Stellen auf – dadurch sind mir heute einfache Aktivitäten wie Radfahren oder Einkaufen wieder möglich. Allerdings bin ich nicht sehr belastbar und benötige viele Pausen.
Die wichtigste Erkenntnis aus meiner Gürtelrose-Erkrankung für mich ist diese: Lieber eine kontrollierte Impfung als eine unkontrollierte Erkrankung!
Vielen Dank Pia H. und Barbara D. für das interessante Gespräch, das Sie mit 24vita.de geführt haben.
Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren Redakteurinnen und Redakteuren leider nicht beantwortet werden.