Höhere Sterblichkeit durch Pandemie: Lebenserwartung sinkt durch Corona deutlich
Durch die Corona-Pandemie ist die durchschnittliche Lebenserwartung in vielen Ländern gesunken. Zu diesem Schluss kommen Forscher in einer internationalen Studie.
Welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf die Lebenserwartung hat, war lange unklar. Nun zeigt eine aktuelle Studie: Covid-19 hat ganz klar die Lebenserwartung hierzulande in den letzten beiden Jahren beeinflusst. Infektionen mit dem Coronavirus haben in Deutschland so viele Todesopfer gefordert, dass auch die allgemeine Lebenserwartung deutlich gesunken ist. Statistisch gesehen liegt diese nach zwei Jahren Pandemie bei etwa einem halben Jahr weniger. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Forscherteam in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock. Die Ergebnisse wurden im Wissenschaftsjournal „Nature Human Behaviour“ veröffentlicht.
Corona-Pandemie: Lebenserwartung sinkt in vielen Ländern

Eine bessere medizinische Versorgung und ein höherer Lebensstandard haben über lange Zeit die Lebenserwartung in Deutschland positiv beeinflusst. Viele Menschen konnten sich in den letzten Jahren so über die Aussicht auf ein längeres Leben erfreuen. Das hat sich mit der Corona-Pandemie allerdings geändert. So nahm die Lebenserwartung hierzulande erstmalig wieder ab. „Die Covid-19-Pandemie führte zu einem weltweiten Anstieg der Sterblichkeit und einem Rückgang der periodischen Lebenserwartung, die in den letzten 70 Jahren beispiellos waren“, erklären die Wissenschaftler um Studienautor Jonas Schöley.
Nachdem die allgemeine Lebenserwartung im ersten Jahr der Pandemie um 2,6 Monate gesunken war, nahm sie im Jahr 2021 sogar um ganze 3,1 Monate ab. Gegenüber dem Jahr 2019 sank sie so um insgesamt 5,7 Monate. Da ältere Menschen zudem ohne Pandemie eine weiter steigende Lebenserwartung gehabt hätten, kommt diese Altersgruppe im vergangenen Jahr auf ein Defizit von 10,2 Monaten. Damit hat die Pandemie zum stärksten Einbruch der Lebenserwartung seit dem Zweiten Weltkrieg geführt.
Unterschiede zwischen Ländern: Norwegen nicht betroffen
Die Forscher untersuchten Daten aus insgesamt 29 Staaten. Darunter neben Deutschland, Belgien und der Schweiz auch Länder wie die USA und Chile. Im Fokus standen die Sterblichkeits-Entwicklungen im Zeitraum von 2015 bis 2021. Das Ergebnis: Wie erwartet nahm die Lebenserwartung in nahezu allen beteiligten Ländern im ersten Jahr der Pandemie ab. Nur in Norwegen lebten die Einwohner 2020 durchschnittlich sogar zwei Monate länger als im Jahr zuvor.
„Die periodische Lebenserwartung ist ein zusammenfassendes Maß für den aktuellen Gesundheitszustand der Bevölkerung; wenn die Sterblichkeit in einer Bevölkerung zunimmt, sinkt die Lebenserwartung“, erklären die Wissenschaftler um Studienautor Jonas Schöley. Mit Beginn der Impfungen schafften es die meisten Länder daher im Jahr 2021 den negativen Trend wieder umzukehren. So stieg die Lebenserwartung in Staaten wie Frankreich, Belgien, der Schweiz und Schweden wieder deutlich an. Die Forscher schlussfolgern daher: Je geringer die Impfquote in der Bevölkerung, desto stärker sank auch die Lebenserwartung. „Länder wie Schweden, die Schweiz, Belgien und Frankreich konnten die Lebenserwartung auf das Niveau vor der Pandemie zurückführen, weil es ihnen gelang, sowohl die Alten als auch die Jungen zu schützen“, so Jonas Schöley.
Sterblichkeit erhöht: Deutschland, USA und Osteuropa betroffen
Anders sah die Situation im vergangenen Jahr in Deutschland, den USA und verschiedenen osteuropäischen Ländern aus, wie das Ärzteblatt berichtet. Hier verschlechterte sich die Lebenserwartung im Jahr 2021 weiter – und das trotz verfügbarem Impfstoff. Am stärksten betroffen war den Wissenschaftlern zufolge Bulgarien. Dort sank die Lebenserwartung während der Pandemie um ganze 43 Monate. Die Forscher befürchten zudem, dass gerade südamerikanische Staaten mit noch größeren Verlusten rechnen müssen.
Doch obwohl die gesunkene Lebenserwartung deutlich mit Covid-19 als Todesursache in Zusammenhang steht, könnten auch andere Faktoren den Negativtrend beeinflusst haben. So scheinen die Art der verwendeten Impfstoffe, die Alterspriorisierung bei Einführung der Impfungen, die Einhaltung von Corona-Maßnahmen und das Meiden von Arztbesuchen ebenfalls eine Rolle gespielt zu haben.
Mehr Informationen zur Studie „Life expectancy changes since COVID-19“
Veröffentlichungsdatum: 17. Oktober 2022
Untersuchungszeitraum: Die Forschenden verwendeten die Daten von Studienteilnehmern, die zwischen 2020 und 2021 erhoben wurden.
Veröffentlicht im Fachjournal Nature Human Behaviour
Studienautoren: Forscherteam um Jonas Schöley Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock
Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren RedakteurInnen leider nicht beantwortet werden.