Allergien vorbeugen: Kaiserschnittkinder haben ein höheres Allergie- und Asthmarisiko

In Deutschland kommt etwa jedes dritte Baby per Kaiserschnitt zur Welt. Studien geben Hinweise darauf, dass Kaiserschnittkinder später anfälliger für Allergien und Asthma sind. Experten fordern, dies bei der Wahl des Geburtsverfahrens zu berücksichtigen.
Aachen – Entbindungen per Kaiserschnitt werden in Deutschland immer häufiger. Mittlerweile kommt fast jedes dritte Kind per Sectio auf die Welt. Nach Einschätzungen von Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind die Gründe dafür nicht immer eine medizinische Notwendigkeit. Oft spielen nach Ansicht der Mediziner auch falsche finanzielle Anreize der Kliniken, Sorge um medizinische Rechtsstreitigkeiten, Zeit- und Personalmangel sowie bessere Planbarkeit der eine Rolle. Mehrere Studien geben jedoch Hinweise darauf, dass die vermeintlich „einfachere und planbarere“ Kaiserschnitt-Geburt Konsequenzen für die Gesundheit des Neugeborenen haben könnte.
Allergie- und Asthmarisiko durch Kaiserschnitt: Natürliche Geburt stimuliert die Immunabwehr
Kaiserschnitte können bei medizinischen Komplikationen das Leben von Mutter und Kind retten. Sie sollten nach Empfehlung des Deutschen Hebammenverbands jedoch nur angewendet werden, wenn eine natürliche Geburt mit erheblichen Risiken für die Schwangere und das Kind verbunden ist. Manche Frauen wünschen sich ausdrücklich einen geplanten Kaiserschnitt. Dabei ist es jedoch wichtig, über mögliche Gesundheitsrisiken wie Infektionen, Gewebeverletzungen, Wundheilungsstörungen und Komplikationen in Folgeschwangerschaften aufzuklären, so die Hebammen.
Darüber hinaus ist es unverzichtbar, Frauen über die Vorteile einer natürlichen Entbindung zu informieren. So deuten nach Angaben der WHO zahlreiche Studien daraufhin, dass die Mikrobiotia der Mutter, mit denen das Kind im Geburtskanal in Kontakt kommt, neben dem Stillen die Reifung des Immunsystems maßgeblich beeinflussen.
Allergie- und Asthmarisiko durch Kaiserschnitt: Vielfältige Darmflora stärkt das Immunsystem
Babys kommen praktisch mit einem keimfreien Darm auf die Welt, der erst bei der Geburt mit verschiedenen Bakterienstämmen besiedelt wird. So konnten Forscher des Luxembourg Centre for Systems Biomedicine (LCSB) der Universität Luxemburg gemeinsam mit Kollegen aus Schweden und Luxemburg in einer Studie nachweisen, dass bestimmte Darmbakterien der Mutter bei einer natürlichen Entbindung auf das Baby übertragen werden. Diese stimulieren wiederum die körpereigene Immunabwehr.
Bei Kaiserschnitt-Kindern fehlt dieser natürliche Kontakt mit der Bakterien-Flora der Mutter, weshalb nach Angaben der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA) die Vielfalt ihrer Darmflora deutlich geringer ist. Das kann Einfluss auf die Reifung und Aktivität des Immunsystem haben. So liefern zahlreiche Studien Hinweise darauf, dass ein Kaiserschnitt das Risiko für bestimmte Erkrankungen um bis zu 20 Prozent erhöht:
- Nahrungsmittelallergien
- Inhalationsallergien
- Obstruktive Atemwegserkrankungen und Asthma bronchiale
- Entzündliche Darm- und Hauterkrankungen
Allergie- und Asthmarisiko durch Kaiserschnitt: Experten fordern, Geburtsmethode bei der Allergieprävention zu berücksichtigen
Auch wenn die Ursachen für ein erhöhtes Allergie- und Asthmarisiko durch Kaiserschnitte noch nicht abschließend geklärt sind, nehmen Experten die Erkenntnisse sehr ernst. So wurde der Kaiserschnitt als möglicher Risikofaktor bereits vor einigen Jahren in die S3-Leitlinie „Allergieprävention“ der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) und die Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) aufgenommen. Die Experten fordern darin, dass Allergie- und Asthmarisiko des Kindes bei der Entscheidung für die Geburtsmethode einzubeziehen, sofern keine medizinische Indikation für die Geburt im Operationssaal besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren Redakteurinnen und Redakteuren leider nicht beantwortet werden.