Mikrobiom: Das passiert, wenn es außer Kontrolle gerät

Wir alle haben sie: Bakterien im Mund. Lange Zeit wurden sie kaum beachtet. Dabei beeinflusst das orale Mikrobiom unsere Gesundheit mehr, als wir denken.
Valencia – Parodontose, Karies oder freie Zahnhälse: Wenn die Zähne, das Zahnfleisch oder der Mundraum schmerzen, ist das für Betroffene sehr unangenehm. An Essen oder gar Schlucken ist dann oftmals nicht zu denken, jeder Bissen oder jedes Kauen tut weh. Allein ein Zahnloch kann für erhebliche Beschwerden sorgen, meist wird es durch Karies beziehungsweise ein Bakterium namens Streptococcus mutans ausgelöst.
Dieses heftet sich an die harte Zahnoberfläche, ernährt sich gerne von Zucker und produziert Säure, die den Zahnschmelz angreift und Löcher hineinfrisst. Wissenschaftler und Ärzte wissen schon lange, wie wichtig die Zahngesundheit ist und wie sehr sie auch unsere allgemeine Gesundheit beeinflussen kann.
Mikrobiom: Das passiert, wenn es außer Kontrolle gerät
Doch erst seit wenigen Jahren nehmen Forscher verstärkt das orale Mikrobiom in den Fokus. Wie auch beim Darmmikrobiom glauben sie, dass dies der Forschung neue Wege ermöglicht, um Krankheiten vorzubeugen und bessere Therapien zu entwickeln.
Die Wissenschaftler haben dabei einen erheblichen Vorteil: Dieses Mikrobiom im Mundraum bleibt ziemlich konstant. Sicherlich geraten beim Essen, Atmen oder wenn Kinder etwa Daumenlutschen tagtäglich neue Bakterien in den Mund. Allerdings überleben nicht alle Arten oder zumindest nicht für lange Zeit.
Durchschnittlich finden sich in der Mundhöhle einer durchschnittlichen gesunden Person rund 250 Bakterienarten. Diese sind in der Lage, es sich trotz der antimikrobiellen Moleküle, die sich im Speichel befinden, im Mundraum gemütlich zu machen. Oder auf Zunge, Zahnbelag, Wangen, Gaumen, Rachen oder Mandeln. Zudem sind sie an eine warme, feuchte Umgebung angepasst, die ständig mit Sauerstoff angereichert wird.
Bakterien im Mund: Zusammenhang mit Darmkrebs, Alzheimer und Co.?
Den neuesten Forschungen zufolge sorgt erst ein Ungleichgewicht des gesunden Mikrobioms dafür, dass Munderkrankungen entstehen. Zum Beispiel übernehmen „schlechte“ Bakterien bei einer sehr einseitigen oder zuckerreichen Ernährung die Oberhand. „Diese Bakterien werden in einem gesunden Ökosystem unter Kontrolle gehalten“, erklärt auch Alex Mira, Bakteriengenetiker am FISABIO-Forschungsinstitut im spanischen Valencia, gegenüber dem Wissenschaftsportal „spektrum.de“. „Sie vermehren sich, verändern ihre Genexpression und werden zu Krankheitserregern.“
Noch mehr spannende Gesundheits-Themen finden Sie in unserem kostenlosen Newsletter, den Sie gleich hier abonnieren können.
Doch es reicht sogar noch weiter: Bei immer mehr Krankheiten – darunter auch Darmkrebs, rheumatoide Arthritis und Alzheimer –haben Wissenschaftler in einer Studie eine veränderte Zusammensetzung des Mundmikrobioms beobachtet. Allerdings ist noch nicht geklärt, ob es tatsächlich einen kausalen Zusammenhang gibt.
Bakterien im Mund: Das können Sie für eine gesunde Mundflora tun
Dennoch suchen die Forscher nach Biomarkern im oralen Mikrobiom, mit denen diese manipuliert und mit deren Hilfe in Zukunft Medikamente entwickelt werden können, um den Ausbruch von Krankheiten zu verhindern oder zu behandeln. Doch was können wir jetzt mit diesem Wissen für unsere Mundgesundheit tun, um Karies und Co. vorzubeugen?
Es gibt bereits frei verkäufliche Zahnpasta auf dem Markt, die etwa mit Ammoniak produzierendem, pH-Wert-senkendem Arginin angereichert ist. Darauf könnte Zahnpasta folgen, der zum Beispiel Nitrat als Salz oder als Pflanzenextrakt zugesetzt ist. Beide haben das Ziel, die „guten“ Bakterien gezielt zu füttern. Eine andere Möglichkeit sind auch antiseptische Mundspülungen, die den Wirkstoff Chlorhexidin enthalten und „schlechte“ Bakterien direkt abtöten können.
Abschließend ist es immer ratsam, regelmäßig zur Kontrolle zum Zahnarzt zu gehen. Dadurch lassen sich mögliche Probleme oder Schwachstellen frühzeitig erkennen und eine geeignete Behandlung einleiten. *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.
Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren Redakteurinnen und Redakteuren leider nicht beantwortet werden.