Cave-Syndrom: Probleme mit den Corona-Lockerungen? Das ist jetzt zu tun

Essen gehen, Freunde treffen? Lieber nicht! Viele tun sich mit Corona-Lockerungen nach den Lockdowns schwer. Das sei ganz normal, sagen Experten.
Berlin – Fünf Buchstaben bestimmten unser Leben in den vergangenen Monaten: AHA+L+A. Abstand halten, Hygieneregeln beachten, Alltags-Maske tragen, Lüften und die Corona-App nutzen. Eine gewisse Vorsicht ist zwar noch immer angebracht, doch dank Lockerungen kann man wieder mehr Dinge machen: Freunde im Biergarten treffen zum Beispiel.
Cave-Syndrom: Das neue Syndrom
Es klingt doch eigentlich ganz gut: Nach Monaten der Kontaktarmut, kann man sich jetzt wieder mit Menschen treffen. Und das sogar in real, also physisch und mit in die Augen und nicht auf Endgeräte schauen. Nur: Viele Menschen tun sich nach Monaten der sozialen Abstinenz schwer mit dem sozialen Miteinander und wollen sich eigentlich nicht so wirklich mit anderen treffen. Für das Phänomen gibt es sogar einen Begriff: das Cave-Syndrom. Das englische Wort „cave“ bedeutet Höhle. Die Menschen wollen also lieber in ihrer Höhle bleiben, als rauszugehen.
„Das Cave-Syndrom klingt wie so eine Erkrankung“, sagte der Psychiater Claas-Hinrich Lammers im „Deutschlandfunk Kultur“. Doch es sei erst mal eine vollkommen normale Erscheinung. Der Grund dafür ist die Angst vor dem Virus, die wir uns antrainiert haben*. Denn mit dem Treffen mit Bruder, Schwester oder Freundin ging auch immer das Risiko, sich mit dem Corona-Virus anzustecken, einher. Die Angst hatte und hat den Zweck, dass wir vorsichtig sind. Es wäre ein Wunder, sagt Lammers, wenn wir die antrainierte Angst sofort wieder ablegen könnten. Wie schnell jemand die Angst überwindet, sei aber Typ-Sache. Manchen gelinge es mühelos, anderen fällt es schwerer oder sie haben diesen „Höhlenzustand“ vielleicht sogar lieb gewonnen. Denn es muss nicht immer Angst vor Ansteckung dahinterstecken. Manche Menschen fühlen sich in der selbst gewählten Isolation und Einsamkeit einfach wohler. Wenn sich aber über die Zeit eine krankhafte Angst vor Kontakten gebildet hat, sollte psychotherapeutische Hilfe gesucht werden.
Cave-Syndrom: Sorgen und Unsicherheiten ansprechen
Bei vielen Menschen dürfte sich das Cave-Syndrom nach und nach wieder legen. „Ängste kann man verlernen“, sagte Psychiater Lammers. Und zwar, indem man sich in die Situationen begibt, die einem Angst machen – und merkt, dass es nicht so schlimm ist. Das Problem ist nur: Das Corona-Virus ist ja nicht weg. Vor allem die Delta-Variante zieht immer weitere Kreise. Die Frage ist also: Wie findet man einen Mittelweg zwischen noch angebrachter Angst und einer gewissen neuen Leichtigkeit? Dabei helfen folgende Tipps:
- Unsicherheit kommunizieren: Fühlt man sich unsicher mit einer Situation, ist es ratsam, das zu sagen. Das erleichtert.
- Wer nicht zu den Menschen gehört, die jetzt alles nachholen wollen, sollte nichts überstürzen. Zum Beispiel lieber erst mal mit jemandem spazierengehen als sich in großer Runde zu treffen.
- Absagen und die Gründe erklären: Wer noch etwas Zeit braucht, sollte das kommunizieren. Das vermeidet Missverständnisse.
Cave-Syndrom: Zeit der sozialen Unbeholfenheit
Für Steffes-Holländer ist jetzt „eine gesellschaftliche Trainingsphase als Übergang zur Normalität“. Wir wissen nicht mehr wie wir uns verhalten sollen: Das betrifft auch die Rituale im persönlichen Umgang: Schüttelt man sich jetzt die Hand? Boxt man sich die Faust? Was ist, wenn der andere auf mich zukommt und mich umarmen will – zur Seite springen?
Sowas kann zu Situationskomik führen, aber auch verunsichern. Manche Menschen vermeiden Treffen mit anderen deshalb womöglich sogar komplett. Weil sie nicht wissen, wie sie sich angemessen verhalten sollen. Soziale Unbeholfenheit nennen Fachleute dieses Phänomen. Doch die wird sich wieder legen. Denn die Fähigkeiten zur sozialen Interaktion können zwar verkümmern aber auch wieder wachsen – wie Muskeln. (Mit Material der dpa)
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Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren Redakteurinnen und Redakteuren leider nicht beantwortet werden.