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Erziehung mit Schimpfen und Schreien: Warnung vor Folgen für Kinder

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Von: Judith Braun

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Schreien, Schimpfen und Meckern passiert in den besten Familien. Zwei Erziehungscoaches für Eltern warnen nun vor den Auswirkungen auf die Kinder.

Körperliche Züchtigung bei Kinder ist zum Glück seit über 20 Jahren in Deutschland verboten. Dennoch greifen nicht wenige Eltern laut einer UNICEF-Studie noch immer in manchen Situationen auf eine Ohrfeige zurück – obwohl Experten vor den Folgen dieser Methode warnen. Neben körperlicher kann auch verbale Gewalt die Kleinen seelisch verletzen.

Doch wie sieht es eigentlich mit Schimpfen aus? In den meisten Familien wird wohl hier und da mal gemeckert und laut gestritten. Was normal zu sein scheint, kann jedoch ebenfalls negative Auswirkungen auf den Nachwuchs haben. Zwei Eltern-Coaches erklären deshalb, wie Erziehung auch ohne Schimpfen und Schreien funktionieren kann.

Erziehung ohne Schimpfen: Tipps vom Eltern-Coach

Mutter und Tochter schreien sich an.
Eltern schimpfen oftmals ihre Kinder, weil sie selbst frustriert und gestresst sind. © NomadSoul/IMAGO

„Auch wir haben unsere Kinder angeschrien, bis wir merkten: Wir müssen zuerst an uns selbst arbeiten“, erklären Diplom-Pädagogin Uli Bott (44) und Ehemann und Unternehmer Bernd Bott (45) im Interview mit der Bild. Die beiden sind allerdings nicht nur selbst Eltern von vier Kindern im Alter von zwölf bis 21 Jahren, sondern arbeiten auch als Eltern-Coaches. Ihre Tipps haben sie inzwischen in ihrem Buch „#gemeckerfrei. Warum Erziehung nicht funktioniert und wie wir die Eltern sein können, die wir sein wollen“ zusammengefasst.

Ihrer Erfahrung nach schimpfen Eltern meistens aus Überforderung, wenn sie gestresst sind. „Es sind negative Gefühle, die sich ansammeln und dann aus einem herausbrechen“, so Bott. Das können alltägliche Herausforderungen in Job und Familie oder einfach auch mal zu wenig Schlaf sein. Wenn ein Streit entfacht und Eltern beginnen, ihre Kinder anzuschreien, liegt dem laut der Pädagogin oftmals ein Missverständnis zugrunde.

Eltern fühlen sich angegriffen von ihren Kindern, weil sie glauben, diese würden sie provozieren. Dabei haben Studien gezeigt, dass Kinder mit sozialen Fähigkeiten auf die Welt kommen und kooperieren wollen. „Tatsächlich ist es so, dass Kinder nie etwas gegen uns machen, sondern immer nur für sich. Ein Kind setzt sich für seine Interessen ein, was gut ist“, betont Bott. Erwachsene jedoch haben es oft verlernt, auf ihre Bedürfnisse zu hören, sie zu kommunizieren und gut für sich selbst zu sorgen. „Das führt zu Frust, den wir dann an anderer Stelle abladen“, weiß die Pädagogin.

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Erziehung: Wenn Kinder angeschrien werden, empfinden sie es als Bedrohung

Wenn Eltern ihre Kinder anschreien, kann dies allerdings negative Auswirkungen auf sie haben. Sie erschrecken sich meist und verstehen es nicht. Die Eltern seien laut Bott schließlich ihr Fixstern – „und auf einmal werden sie zur Furie. Das Kind kann der Situation in keinster Weise entkommen und empfindet die Schreierei nur als Bedrohung.“ Durch das Schreien werde dem Kind außerdem signalisiert, dass es falsch sei. Darunter kann es unter Umständen selbst noch im Erwachsenenleben leiden.

Grundsätzlich reagieren Kinder auf dieses Verhalten, bei dem Erwachsene ihre Machtposition ausnutzen, unterschiedlich. Manche übernehmen es und führen es genauso bei ihren Geschwistern oder Mitschülern aus, weil sie den Eindruck gewinnen, dass Anschreien und Macht ausüben in Ordnung sind. Andere wiederum ziehen sich innerlich zurück und verstummen regelrecht. „Viele versuchen dann, durch Fleiß und gute Leistung gesehen und geliebt zu werden. Das ist herzzerreißend!“

Eltern laden ihren Frust in solchen Situationen häufig auf die Kleinen ab, die sich mit diesen Emotionen völlig überfordert fühlen. Oft haben Erwachsene selbst Schwierigkeiten mit dem Selbstwert – oder als Kinder Verletzungen erlebt, die dann möglicherweise wieder hochkommen. Sie sollten sich dann klarmachen: „Es ist mein Gefühl. Vielleicht mein Minderwertigkeitskomplex, dass ich es mit meinem Kind gerade nicht besser hinkriege – dass ich mein Kind nicht ganz natürlich dazu bewegen kann, sich zu beeilen.“

Anmerkung der Redaktion: Dieser Text ist bereits in der Vergangenheit erschienen. Er hat viele Leserinnen und Leser besonders interessiert. Deshalb bieten wir ihn erneut an.

Erziehung ohne Schreien: Was Eltern stattdessen tun können

Um zu verhindern, dass Eltern ihre Kinder anschreien, hilft erstmal Bewusstsein zu schaffen. Laut Bott könne man lernen, rechtzeitig zu bemerken, wie man sich fühlt. „In dem Moment, wo man kurz vor dem Explodieren ist, ist es eigentlich schon zu spät. Darum sollte man genau versuchen zu erspüren, wenn man überlastet ist.“ In einer akuten Situation kann außerdem folgende Übung helfen: „Reißen Sie für zwei Minuten die Arme nach oben wie in einer Siegerpose. Sieht albern aus, ja. Aber das bewirkt, dass Ihr Hirn Glückshormone ausschüttet und Stresshormone abgebaut werden.“ Auch die Erinnerungen an den Augenblick, als Eltern ihr Kind zum ersten Mal in den Händen gehalten haben, habe eine besänftigende Wirkung.

Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren Redakteurinnen und Redakteuren leider nicht beantwortet werden.

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