Ohren richtig reinigen: Fehler können schlimme Folgen haben
Gesunde Ohren und ein Leben lang gut hören, das will jeder. Zwei HNO-Mediziner verraten, wie Sie die Ohren schonend reinigen.
Starnberg – Ohrenschmalz ist kein Zeichen mangelnder Hygiene. Das Gegenteil kann sogar der Fall sein, denn die Ohren mögen ihre Ruhe. Je weniger man in gesunden Ohren bohrt, desto besser. Hin und wieder möchte man sie aber dann doch säubern. Was Sie dabei zu beachten haben und was Ihre Ohren schützt, erfahren Sie hier.
Ohren reinigen: Die Funktion von Ohrenschmalz
Gesunde Gehörgänge reinigen sich selbst. Das Ohrenschmalz, dass viele als unhygienisch empfinden, schützt das Ohr beispielsweise vor Infektionen. Über Kaubewegungen und Härchen im Gehörgang wird überschüssiges Schmalz nach außen transportiert und sichtbar. Schwimmer oder ältere Menschen leiden manchmal an einer übermäßigen Schmalzproduktion. Dann kann sich ein Pfropf bilden, der das Hörvermögen beeinträchtigt, schmerzt und drückt. Bei leichten Ohrverstopfungen können Sie mit diesen Hausmitteln versuchen, den Pfropf zu lösen. Ansonsten sollten Sie einen Arzt oder Ärztin aufsuchen.
Ohren reinigen: Nur bei Bedarf und vorsichtig
Wenn Sie in Ihrer Ohrmuschel oder am Anfang Ihres Gehörganges etwas Ohrenschmalz entdecken, können Sie es mit einem feuchten Waschlappen oder einem Wattestäbchen entfernen. Grundsätzlich gilt: Sie sollten nur die Stellen waschen, die Sie mit Ihrem kleinen Finger problemlos erreichen. „Dabei aber keinesfalls sehr tief oder fest mit dem Stäbchen in den Gehörgang eindringen“, sagt Thomas Klenzner, stellvertretender Direktor der HNO-Klinik und Leiter des Hörzentrums am Universitätsklinikum Düsseldorf. Wer zu tief in den Gehörgang eindringt, kann ihn verletzen. Keime könne dann eindringen und Entzündungen im Gehörgang und Trommelfell verursachen. Infektionen können sich aber auch direkt auf das Hörvermögen auswirken. Eine Covid-19-Erkrankung kann beispielsweise zu Tinnitus führen.*
Ohren reinigen: Keine Gegenstände ins Ohr
Stricknadel, Nagelfeile, Brillenbügel oder andere Gegenstände sind im Ohr tabu. „Abgesehen von dem hohen Verletzungsrisiko ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Schmalz nur tiefer in den Gehörgang geschoben wird, als ihn herauszuholen“, sagt der Starnberger HNO-Arzt Bernhard Junge-Hülsing. Ein verstopftes Ohr erkennen Sie an folgenden Symptomen: Druck auf dem Ohr, leichte Ohrenschmerzen und Sie hören schlechter. Auch Wattestäbchen sollten Sie nur im äußeren sichtbaren Bereich des Ohres anwenden. Denn auch sie drücken den Gehörschmalz eher noch tiefer in den Gehörgang. Rückstände von Watte könnten sich zudem im Gehörgang entzünden.
Wer jedoch auch ohne Pfropf im Ohr schlecht hört, bei Gesprächen ständig nachfragen und Fernseher und Musik übermäßig laut stellen muss, sollte diese Anzeichen ernst nehmen und schnell handeln. „Je früher eine leichte Hörminderung behandelt wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass dauerhaft geholfen werden kann“, sagt Thomas Klenzner. Denn schlechtes Hören kann auch zu einem Abbau kognitiver Fähigkeiten führen. „Schlechtes Hören kann auch eine Demenz begünstigen“. Deshalb: Erste Anzeichen für schlechtes Hören besser abklären lassen.
Ohren reinigen: Finger weg von Ohrenkerzen
Ohrenkerzen sind 20 bis 30 Zentimeter lange Stifte aus Bienenwachs oder Paraffin. Zündet man die Kerze an, entsteht ein Unterdruck, der auf den Gehörgang und auf die Nebenhöhlen wirkt und Ohrenschmalz-Pfropfen lösen soll. Außerdem soll es Stress abbauen. „Ob Ohrenkerzen aber wirklich wirksam sind, ist wissenschaftlich umstritten“, sagt Bernhard Junge-Hülsing. Aus seiner Sicht ist deren Einsatz „viel zu gefährlich“. Man stelle sich vor: Wenn man keine Helferin oder Helfer hat, muss man die Kerze mit dem Kopf auf einem Tisch oder im Liegen einführen und selbst anzünden. Eine Flamme neben Kopf und Haaren, verbunden mit heißem, tropfenden Wachs? Viel zu gefährlich! Das Risiko von schwersten Verbrennungen an Trommelfell, Gesicht oder Körper ist viel zu hoch.
Ohren reinigen: Bei Juckreiz nicht bohren
Juckt es Sie im Ohr? „Bitte nicht bohren, auch wenn die Versuchung groß ist“, sagt Thomas Klenzner. Versuchen Sie sich abzulenken, damit Sie das Jucken vergessen. Lässt der Juckreiz nicht nach und kommen Ohrenschmerzen hinzu, sollten Sie einen Termin beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt vereinbaren.
Die Ursache für den Juckreiz im Ohr kann eine Infektion sein, die mit Tropfen behandelt werden kann. Auch eine Allergie auf bestimmte Stoffe, beispielsweise Inhaltsstoffe von Shampoos, kann den Juckreiz auslösen. Ein Allergietest kann hier Klarheit bringen. Möglicherweise verursachen auch Hautkrankheiten wie Schuppenflechte oder Neurodermitis das Jucken im Gehörgang und/oder der Ohrmuschel.
Ohren reinigen: Wenn es laut ist, Ohrstöpsel tragen und gesund essen
Lärmbelastung tut den Ohren gar nicht gut, vor allem wenn er lange andauert. „Länger anhaltende Geräusche mit einer Lautstärke von weit über 85 Dezibel können dem Gehör nachhaltig schaden“, sagt Thomas Klenzner. Wer zum Beispiel mit einem Presslufthammer arbeitet und keinen Ohrschutz trägt, kann seine Ohren langfristig schädigen. Deshalb: Wer weiß, dass er oder sie hoher Lärmbelastung ausgesetzt sein wird, sollte Ohrstöpsel tragen. Akustiker fertigen sogar individuelle Ohrstöpsel an, die besonders effektiv gegen Lärm schützen.
Möhren sollen doch gut für die Augen sein, aber was ist gut für die Ohren? Nahrungsmittel, die speziell gut für die Ohren sind, gebe es „genau genommen nicht“, sagt Bernhard Junge-Hülsing. Dennoch spielt die Ernährung eine Rolle. Ist sie ausgewogen und vitaminreich, profitiert der gesamte Körper – und damit auch die Ohren. (Mit Material der dpa)
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Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren Redakteurinnen und Redakteuren leider nicht beantwortet werden.