Superfoods im Trend: Sind exotische Früchte, Kerne und Samen wirklich so gesund?
Superfoods gelten als wahres Wundermittel und sind im Trend. Oft stecken hinter den Hersteller-Versprechen aber hauptsächlich Marketinginteressen.
Berlin – Die Liste an vermeintlichem „Superfood“ ist lang und scheinbar kommen immer neue Lebensmittel dazu. Dabei sind exotische Früchte, Samen und Kerne oft gar nicht gesünder als heimisches Obst und Gemüse. Oft müssen Verbraucher für sie aber deutlich tiefer in die Tasche greifen und die Umwelt leidet unter den langen Transportwegen. Hinzu kommt, dass Verbraucherschützer immer wieder Schadstoffbelastungen nachweisen. Welchen Gesundheitsversprechen Sie besser nicht glauben sollten und welche heimischen Alternativen es gibt.
„Superfood“: Sind exotische Früchte und Samen wirklich so gesund?
Eine offizielle Definition oder gesetzliche Regel, welche Lebensmittel zu den Superfoods zählen, gibt es nicht. Meist nutzen Anbieter von natürlichen und exotischen Produkten diese Bezeichnung für Marketingzwecke und werben mit dem Vitamin- und Mineralstoffgehalt oder anderen „wertvollen“ sekundären Pflanzenstoffen. Superfood wird frisch, als Püree oder Extrakt angeboten, oft auch, um andere Lebensmittel damit anzureichern (zum Beispiel Müsli, Riegel oder Smoothies). Teilweise ist das Superfood dann nur in sehr geringen Mengen enthalten, warnt die Verbraucherzentrale.
Gegen frische Samen oder Früchte spricht aus ernährungsphysiologischer Sicht zunächst zwar nichts, Verbraucher sollten aber beachten, dass Superfood oft mehrere Verarbeitungsschritte hinter sich hat, wie Trocknen, Extrahieren oder das Vermischen mit Zucker und Aromen. Bei exotischen Lebensmitteln besteht außerdem immer das Risiko einer Überempfindlichkeitsreaktion oder einer Allergie. Bestimmtes Superfood wie Gojibeeren oder Granatapfelkerne kann außerdem Wechselwirkungen mit Medikamenten haben, warnen die Experten. Sie sollten deshalb nur mit zeitlichem Abstand zur Medikamenteneinnahme verzehrt werden.
„Superfood“: Lange Transportwege, schlechte Produktionsbedingungen
Tatsächlich enthalten bestimmte Superfoods wie Acaibeeren viele Nährstoffe wie pflanzliche Proteine, Antioxidantien, Calcium und Vitamine. Da sie hauptsächlich im Amazonasgebiet vorkommen, haben sie aber einen weiten Transportweg hinter sich. Bei uns werden die Beeren deshalb meist in getrockneter Form oder als Pulver angeboten. Gleiches gilt zum Beispiel auch für Matchatee und Gojibeeren. Dabei gehen wasserlösliche Vitamine verloren und den Beeren werden bestimmte Stoffe zugesetzt, um zu verhindern, dass sie verkleben und verklumpen, mahnt der Experte Harald Seitz vom aid infodienst Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Interview mit dem Magazin Öko-Test. Mit der ursprünglichen hochwertigen Beere haben die Produkte dann nur noch wenig zu tun.
Was gut für den Verbraucher ist, ist zudem nicht automatisch gut für die Umwelt. Durch den weiten Transportweg haben die meisten Superfoods eine schlechte CO2-Bilanz. Auch die sozialen Auswirkungen sollten bedacht werden. Dabei geht es nicht nur um fragwürdige Arbeitsbedingungen. Bestimmte Superfoods wie Quinoa zählen in den Anbauländern zu den absoluten Grundnahrungsmitteln. Durch die hohe Nachfrage und die gestiegenen Preise können sich die Menschen vor Ort das Pseudogetreide aber oft nicht mehr leisten.
„Superfood“: Häufig mit Schadstoffen belastet
Ein weiterer Faktor, warum Superfood nicht immer so „super“ ist, ist die Gefahr von Schadstoffbelastungen. So berichten der WDR und das Verbrauchermagazin Öko-Test immer wieder von nachgewiesenen Schadstoffen wie Keimen, Pestiziden, Blei oder Mineralölen. Bei einem Öko-Test aus dem Jahr 2016 fielen sogar zwei Drittel der untersuchten Produkte durch. Lediglich vier Bio-Produkte, darunter Kokosöl, Chiasamen und Gojibeeren, konnten überzeugen.
Eine Umfrage des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) ergab, dass zwei von fünf Befragten davon ausgehen, dass Superfood-Produkte auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit getestet werden, bevor sie in Deutschland auf den Markt kommen. Ein Irrtum. Die Verantwortung liegt allein beim Hersteller.
„Superfood“: Heimisches Obst und Gemüse meist die bessere Wahl
Statt auf einzelne Lebensmittel, empfehlen Ernährungsexperten deshalb auf eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung zu setzen. Denn viele Vitamine werden gerade im Verbund mit anderen Nahrungsmitteln am besten aufgenommen. Wen der hohe Vitamin- und Nährstoffgehalt der Superfoods überzeugt, kann auf heimische und günstigere Alternativen zurückgreifen:**
- Gojibeeren werden für ihren hohen Vitamin-C-Gehalt geschätzt (14,4 mg auf 30 g Beeren). Eine Orange enthält nach Angaben des Deutschen Allergie- und Asthmabundes (DAAB) aber die 15-fache Vitamin-C-Menge. Auch Äpfel sind reich an Vitamin-C.
- Auch Aroniabeeren zählen zu den Superfoods, da sie viel Vitamin-C und Kalium enthalten, sind aber meist sehr teuer.* Eine heimische Alternative sind Holunderbeeren.
- Acaibeeren sollen besonders anti-oxidativ wirken. Heimische dunkle Beeren wie Brom-, Holunder- Heidel- und Apfelbeere (Aronia) sowie Kirschen, rote Weintrauben und Rotkohl enthalten laut Verbraucherzentrale aber ebenfalls hohe Gehalte an antioxidativ wirkenden Stoffen.
- Chiasamen sind für ihre gesunden Omega-3-Fettsäuren und Ballaststoffe bekannt. Leinsamen sind hier eine gute Alternative.
- Spirulina-Algen und Moringa werden als wahre „Wundermittel“ angepriesen. Sie lassen sich einfach durch Grünkohl, Spinat und Feldsalat ersetzen.
- Reich an sekundären Pflanzenstoffen sind auch Zwiebeln, Porree, Schnittlauch, Knoblauch, Kohlarten, Rettiche, Rote Bete, Hülsenfrüchte und Zitrusfrüchte, native Pflanzenöle, Kerne und Nüsse sowie Kartoffeln und (Vollkorn-)Getreide.
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