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Studien zeigen: Im Mutterleib entscheidet sich, wer Krisen meistert

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Von: Jasmin Farah

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Manche Leute meistern Krisen besser als andere. Das lässt sich laut einem Neurobiologen bereits im Blut nachweisen. Aber wie?

München – Menschen weltweit reagieren unterschiedlich auf Schicksalsschläge oder Stresssituationen. Während es den einen den Boden unter den Füßen wegzieht und sie sich nur schwer davon erholen können, fällt es anderen wiederum leichter, sich schnell wieder aufzurappeln. Obwohl psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Burnout auf dem Vormarsch sind, gibt es einige, die davon gänzlich verschont bleiben. Woher kommt das?

Studien zeigen: Im Mutterleib entscheidet sich, wer Krisen meistert

Forscher gehen davon aus, dass mehrere Faktoren die mentale Stabilität jedes Einzelnen beeinflussen und so widerstandsfähiger gegenüber negativen Erfahrungen von außen machen können. Das beginnt bereits in der Kindheit, glaubt auch Neurobiologe der Gerhard Roth gegenüber „Focus Online“. Nicht umsonst sind die ersten Lebensjahre für die spätere Entwicklung des Kindes prägend. Lernt es schon früh, Krisen erfolgreich zu meistern, behält es sich diese Fähigkeit auch für den Rest seines Lebens bei. Doch diese sogenannte Resilienz, also die psychische Widerstandsfähigkeit, wird sogar schon vor der Geburt durch unsere Gene und Gen-Kontrollfaktoren („Epigene“) bestimmt.

Eine junge Mutter macht mit ihrem Baby Faxen. (Symbolbild)
Eine liebevolle Mutter-Kind-Bindung stärkt das Grundvertrauen im Nachwuchs. (Symbolbild) © Christin Klose/dpa

Wie wir sind, ist also teilweise angeboren. Das erklärt auch, warum sich bereits Neugeborene, auch Geschwister, unterschiedlich verhalten. Während die einen ruhiger sind, verschaffen sich andere lautstark Gehör. Das kann laut dem Experten bereits auf bestimmte Anteile einer stark oder schwach ausgeprägten Resilienz schließen. Allerdings kann diese vorgeburtlich auch bereits negativ beeinflusst werden, wenn die werdende Mutter etwa während der Schwangerschaft traumatische Situationen erlebt. Roth sagt im Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin „Focus Online“: „Die Einflüsse des Gehirns der werdenden Mutter auf das Gehirn des ungeborenen Kindes spielen eine Rolle, ebenso frühe Bindungserfahrungen mit Eltern oder sonstigen Bindungspersonen, wie Großeltern, Tanten, Onkel, älteren Geschwistern oder Krippenangehörigen.“ Kommen dann noch nach der Geburt und in den ersten Lebensjahren negative Erlebnisse hinzu, schwächt das weiterhin die mentale Stärke von Kindern und befeuert Bindungsängste.

Kinderentwicklung: Psychische Resilienz wird durch mehrere Faktoren beeinflusst

Wer hingegen eine liebevolle Kindheit in Bezug auf seine Eltern und Erziehungsberechtigten erlebt, der entwickelt auch ein besseres Selbstvertrauen zu sich und lernt, mit negativen Erfahrungen besser umzugehen. Ist das Kind dennoch von klein auf unruhig, nervös oder sogar schwierig, dann kann es trotzdem passieren, dass es als Jugendlicher oder Erwachsener mit psychischen Problemen zu kämpfen hat. Hierbei liegen oftmals vorgeburtliche Schädigungen im Gehirn* laut dem Neurobiologen vor, die auch mit der „richtigen“ Erziehung nicht mehr ausgebügelt werden können. Das besagt auch das „Drittelgesetz“.

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Nur bei einem Drittel der Betroffenen greifen Maßnahmen, um die eigene psychische Befindlichkeit mithilfe von professioneller Hilfe durch Neurologen, Psychologen und Psychiater zu steigern. Bei einem zweiten Drittel gelingt es wenig oder auch nur kurzfristig, beim dritten Drittel erzielen sie gar keine Wirkung. Doch das lässt sich nicht so pauschal sagen, weshalb nur Experten ermitteln können, welche Behandlung erfolgversprechend ist und wann eine Therapie stets individuell auf die Persönlichkeit und die Lebensumstände der zu behandelnden Person angepasst werden muss. Zudem müssen Betroffene erst mühsam lernen, ein Grundvertrauen in sich und in die behandelnde Person aufzubauen.

Kinderentwicklung: Experte klärt auf – mentale Stärke lässt sich in Blut und Speichel nachweisen

Besonders interessant ist, dass sich die Resilienz einer Person bereits im Blut oder auch im Speichel bei Jugendlichen und Erwachsenen bestimmen lässt. Dabei wird nachgewiesen, welche Hirnstrukturen und entsprechende psychische Funktionen Entwicklungsdefizite aufweisen, was schließlich dazu führt, dass jemand Krisen nicht so gut bewältigen kann. Konkret verändern sich dabei – etwa durch traumatische Erlebnisse der werdenden Mutter ausgelöst – Hirnzentren wie dem Hypothalamus oder anderen Zentren, die an der Produktion von Stresshormonen und „Beruhigungsstoffen“ wie Serotonin beteiligt sind.

Bei dem Fötus beziehungsweise Neugeborenen führt Stress der Mutter ebenfalls dazu, dass das Bindungs-Hormon Oxytocin im Hypothalamus nicht ausreichend gebildet und die Bindungserfahrung des Säuglings beeinträchtigt wird. Darüber hinaus wird auch das Belohnungs-Hormon Dopamin im Gehirn entweder zu wenig oder zu viel produziert. Mit der Folge, dass die Neugeborenen besonders passiv oder im Gegenteil sogar zu aktiv und fordernd werden. Dennoch bedeutet das nicht, dass man seinem Schicksal hilflos ausgeliefert ist. Mit den Erkenntnissen und professioneller Hilfe kann das persönliche Empfinden erheblich verbessert werden. *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren Redakteurinnen und Redakteuren leider nicht beantwortet werden.

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