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Soziale Ausgrenzung: Wer häufig betroffen ist und was sie auslösen kann

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Von: Jasmina Deshmeh

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Eine Frau steht hinter einem Vorhang und schaut durchs Fenster (Symbolbild)
Eine Studie der Uni Konstanz zeigt: soziale Ausgrenzung erhöht das Risiko, an Depressionen zu erkranken (Symbolbild) © Hans Lucas/Imago

Soziale Ausgrenzung kann viele Folgen haben. Welche das sind und wer besonders oft betroffen ist, zeigt eine gemeinsame Studie von ForscherInnen aus Koblenz-Landau, Mannheim und Basel.

Landau – Menschen grenzen andere aus. Das passiert in vielen Lebensbereichen. In einer gemeinsamen Studie haben ForscherInnen der Universitäten Koblenz-Landau, Mannheim und Basel nun zum ersten Mal erlebte Ausgrenzung im Alltag über einen längeren Zeitraum untersucht. Welche Faktoren es wahrscheinlich machen, dass man ausgegrenzt wird oder nicht und welche Folgen sie langfristig haben kann, lesen Sie hier.

Soziale Ausgrenzung: Im Alltag wenig erforscht

Soziale Ausgrenzung wurde in der Sozialpsychologie bisher hauptsächlich in experimentellen Studien erforscht. Dabei werden die StudienteilnehmerInnen nur für kurze Zeit einer Ausgrenzungserfahrung ausgesetzt, die auch keine langfristigen Konsequenzen hat. „Im richtigen Leben sind Ausgrenzungserfahrungen jedoch oft deutlich gravierender und können sich über Wochen, Monate oder sogar Jahre ziehen“, erklärt Juniorprofessorin Dr. Selma Rudert von der Universität Koblenz-Landau und Erstautorin der Studie.

Die Wissenschaftlerin und ihr Team nutzten Daten aus Befragungen, um soziale Ausgrenzung im Alltag genauer zu erforschen. Sie stammen aus einer repräsentativen Wiederholungsbefragung deutscher Privathaushalte und umfassen 2700 TeilnehmerInnen aus Deutschland zwischen 18 und 97 Jahren.

Soziale Ausgrenzung: Häufig am Arbeitsplatz

Auffällig ist: Vor allem jüngere Menschen erleben soziale Ausgrenzung. Ältere Menschen scheinen deutlich seltener betroffen. Die ForscherInnen gehen davon aus, dass das mit dem Rentenalter zusammenhängen könnte. „Der Arbeitsplatz ist eine vergleichsweise häufige Quelle sozialer Ausgrenzung und Menschen können sich oft nicht aussuchen, mit welchen Kolleginnen und Kollegen sie zusammenarbeiten wollen“, so Rudert.

Weitere Faktoren, die das Phänomen am Arbeitsplatz verstärken könnten, seien Zeitmangel, Fristen und beschränkte Ressourcen. Sollen Menschen zusammenarbeiten, konkurrieren dabei aber zugleich um Stellen oder Beförderungsmöglichkeiten, entstehe ein Klima, das hochgradig anfällig für Ausgrenzung ist.

Soziale Ausgrenzung: Risiko für Depressionen steigt

Auch wenn jüngere Menschen häufiger betroffen sind: Soziale Ausgrenzung ist für alle Altersklassen belastend. So zeigen die Studienergebnisse bei TeilnehmerInnen jeden Alters, dass sie zu schlechterer Stimmung und geringerer Lebenszufriedenheit führen kann. Besonders gravierend sei laut Rudert, dass Menschen, die von häufigerer Ausgrenzung berichten, ein höheres Risiko aufweisen, wenige Jahre später an einer Depression zu erkranken. „Viele dieser Zusammenhänge funktionieren vermutlich in beide Richtungen, so dass ein regelrechter Teufelskreis entstehen kann“, erklärt die Expertin.

Es besteht zwar noch Forschungsbedarf, um diesen Teufelskreis und die dahintersteckenden Mechanismen genauer zu verstehen, die ForscherInnen gehen jedoch schon jetzt davon aus, dass:

Soziale Ausgrenzung: Warum grenzen Menschen einander aus?

„Die Ursachen, warum Menschen andere ausgrenzen, sind vielfältig“, so die Sozialpsychologin. Soziale Ausgrenzung ist schon seit langem Gegenstand sozialpsychologischer Forschung. Bisherige Ergebnisse zeigen, dass sie gezielt genutzt wird, um andere für ihr Fehlverhalten zu bestrafen und unbeliebte Personen, die als belastend wahrgenommen werden, fernzuhalten. Sie kann auch ungewollt oder aufgrund eigener Unsicherheiten auftreten.

Soziale Ausgrenzung: Was hilft?

Das Problem: Anders als Mobbing oder Aggression bleibt soziale Ausgrenzung oft unentdeckt. „Betroffene wie auch das Umfeld sollten empfundene oder beobachtete Ausgrenzung offen thematisieren“, empfiehlt die Wissenschaftlerin deshalb. Es sei auch Aufgabe von Unternehmen, Schulen, Organisationen und der Politik, das Thema stärker zu thematisieren und mit Inklusionsprojekten dagegen vorzugehen.

„Verbessertes Wissen über die Risikofaktoren für das Entstehen von Ausgrenzung kann dabei helfen, Ausgrenzung abzubauen und negativen Konsequenzen vorzubeugen“, betont Rudert. Damit lasse sich, so zeigen die Studienergebnisse, auch das Risiko für Depressionen reduzieren. Ein Aspekt, der nicht nur für Betroffene, sondern auch für die gesamte Gesellschaft wichtig ist. Schließlich entstehen jährlich durch Depressionen ausgelöste Arbeitsausfälle finanzielle Schäden in Milliardenhöhe.*

*Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA

Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren RedakteurInnen leider nicht beantwortet werden.

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