Autismus-Studie: Immer mehr Kinder von Störung betroffen – woran liegt das?
Die Diagnosen von Autismus-Spektrum-Störungen unter Kindern sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Was dahinter stecken könnte, haben Forscher aus den USA in einer aktuellen Studie untersucht.
In den meisten Fällen machen sich die ersten Anzeichen einer Autismus-Spektrum-Störung bereits in den ersten drei Lebensjahren bemerkbar. Nur selten wird die Diagnose erst später oder im Erwachsenenalter gestellt. Während die Erkrankung immer noch als selten gilt, werden weltweit immer mehr Autismus-Spektrum-Störungen gemeldet. Laut einer aktuellen Studie aus den USA sind vor allem Kinder betroffen. Die Forscher gehen davon aus, dass die Diagnosen in den letzten 20 Jahren um rund 500 Prozent gestiegen sind.
Autismus: Wunsch nach Routine und einem geregelten Alltag
Die Entwicklungsstörung kann viele Formen annehmen. Während manche Kinder nur unter leichten Einschränkungen leiden, weisen andere bereits im frühkindlichen Alter große Probleme auf. Schwierigkeiten im sozialen Umgang und der Kommunikation mit anderen sowie das Verlangen von stereotypen Verhaltensweisen zählen zu den typischen Symptomen einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS).

Gerade in den letzten Jahren scheint die Zahl der Betroffenen deutlich angestiegen zu sein. Laut einer US-amerikanischen Studie, erschienen im Fachmagazin „Pediatrics“, ist die Anzahl der Diagnosen von Autismus zwischen 2000 und 2016 rund um New York um 500 Prozent gestiegen. Die Wissenschaftler untersuchten insgesamt 4.661 Kinder im Alter von acht Jahren mit Autismus-Spektrum-Störung. Während etwa 32 Prozent der Betroffenen eine geistige Störung aufwies, hatte die Mehrzahl keine Einschränkungen.
Biologische Ursachen könnten eine Rolle spielen
Gerade bei Kindern ohne geistige Behinderung war der größte Anstieg zu verzeichnen. In dieser Gruppe verfünffachte sich die Zahl der Diagnosen zwischen 2000 und 2016. Die Rate der Patienten, die unter einer geistigen Behinderung und einer Autismus-Spektrum-Störung litten, verdoppelte sich. Und das, obwohl frühere Studien eher einen Trend nach unten bei Autismus mit gleichzeitiger Intelligenzminderung feststellten.
In der Schwangerschaft wird weniger geraucht, weniger Alkohol getrunken, weniger Medikamente werden eingenommen, und es gibt viel weniger Gifte in der Umwelt. Solche Milieufaktoren könnten eine Rolle spielen als biologische Trigger. „Das kann aus der Studie jedoch nicht herausgelesen werden“, wie Sven Bölte, Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Stockholm in einem Interview mit dem Standard erklärte.
Frühzeitige Diagnose verhindert späteren Leidensdruck
Während Autismus-Spektrum-Störungen bei Jungen deutlich häufiger als bei Mädchen auftreten, scheint die ethnische Zugehörigkeit keine entscheidende Rolle zu spielen. Vielmehr könnte allerdings der finanzielle Hintergrund die Wahrscheinlichkeit einer Diagnose erhöhen. Autismus-Spektrum-Störungen ohne kognitive Einschränkungen traten eher in Familien mit hohem Einkommen auf. Autismus-Spektrum-Störungen mit kognitiven Einschränkungen dagegen in finanziell schwachen Gegenden.
Warum immer mehr Kinder die Diagnose Autismus erhalten, ist bisher noch unklar. Eine bessere Sensibilisierung für das Thema und verbesserte Diagnoseverfahren könnten für die steigenden Zahlen allerdings mitverantwortlich sein. Mithilfe einer Erweiterung der diagnostischen Kriterien können so auch mildere Formen der Störung ohne Intelligenzminderung häufiger diagnostiziert werden. Die Forscher sehen die steigende Rate der Diagnosen dabei keinesfalls als problematisch an. Demnach sei eine frühzeitige Diagnose für die betroffenen Kinder besonders wichtig. Nur so lasse sich eine gute Versorgung und ausreichende Förderung gewährleisten.
Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren RedakteurInnen leider nicht beantwortet werden.