Neurodermitis: Symptome, Diagnose und Behandlung – das müssen Sie wissen
Schätzungsweise 10 bis 15 Prozent der Deutschen leiden an einer Neurodermitis. Die Symptome der in Schüben verlaufenden Hautkrankheit können Betroffene im Alltag stark einschränken. Mit der richtigen Behandlung können die Symptome aber gelindert und die Lebensqualität von Patienten verbessert werden.
- Eine Neurodermitis ist eine weit verbreitete chronische Erkrankung der Haut
- Das Hauptsymptom der Erkrankung ist ein starker Juckreiz oft in Verbindung mit trockener und entzündeter Haut
- Eine Neurodermitis kann nicht geheilt, lediglich die Symptome können behandelt werden
Berlin – Eine Neurodermitis, auch atopische Dermatitis oder atopisches Ekzem genannt, ist eine weit verbreitete chronisch entzündliche Hautkrankheit, die in wiederkehrenden Schüben von unterschiedlicher Dauer und Schwere auftritt. Bei einer Neurodermitis ist die Schutzfunktion der Haut gestört und das Immunsystem überaktiv, sodass es beim Kontakt mit chemischen und physikalischen Reizen zu Entzündungen kommt. Symptome der Krankheit sind vor allem ein starker Juckreiz, trockene Haut, Rötungen und Entzündungen. Neurodermitis betrifft vor allem Babys und Kinder: In Deutschland leiden nach Angaben der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) in Berlin rund 23 Prozent aller Säuglinge und Kleinkinder an einer Neurodermitis. Damit ist die Krankheit die häufigste Hauterkrankung in dieser Altersklasse. Unter Schulkindern leiden 8 Prozent an einer Neurodermitis, bei Erwachsenen tritt die Krankheit mit einer Häufigkeit von 2 bis 4 Prozent deutlich seltener auf. Je nach Alter der Betroffenen treten die Symptome in der Regel an unterschiedlichen Körperpartien auf.

Neurodermitis: Symptome der Hauterkrankung
Die Symptome einer Neurodermitis sind je nach Alter und Stadium der Erkrankung verschieden. Leitsymptom der Neurodermitis ist der starke Juckreiz, der in der Regel schubweise auftritt. Auf Zeitabschnitte ohne Beschwerden folgen Phasen mit teilweise quälendem Hautjucken. Der Juckreiz ist häufig so stark, dass sich Betroffene nur durch intensives Kratzen Linderung verschaffen können. Durch das Aufkratzen der Haut kann es wiederum zu Blutungen und Krustenbildung kommen, teilweise bilden sich auf betroffenen Hautstellen auch Bläschen, die leicht aufgehen und nässen. Durch die Ekzeme haben Krankheitserreger leichtes Spiel, wodurch das Risiko für Infektionen steigt. Zudem können Allergene leichter in den Körper gelangen und das Hautbild weiter verschlechtern.
Der Juckreiz kann die Lebensqualität von Betroffenen stark einschränken. Einmal ausgelöst, führt er meist zu einem Teufelskreis: Durch das Kratzen kommt es zu mechanischen Verletzungen der Haut und Entzündungsstoffe werden ausgeschüttet, die den Juckreiz verstärken. Besonders Kinder verstehen häufig nicht, dass das Kratzen die Symptome verschlimmert. Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme und Gereiztheit können die Folge sein.
Neurodermitis: Altersbedingter Krankheitsverlauf
Typisch für eine Neurodermitis ist der altersbedingte Verlauf der Krankheit. Bei einem Baby zeigen sich erste Symptome meist durch Rötungen im Gesicht und auf der Kopfhaut. Zudem kann es zu juckenden Bläschen und entzündeten und nässenden Hautpartien kommen, auf denen sich Krusten bilden. Weitere Anzeichen sind Schuppen auf dem Kopf (Milchschorf) und Ekzeme an den Knien, sobald die Kinder mit dem Krabbeln beginnen.
Im Kleinkindalter werden die Ekzeme trockener und zeigen sich über den Körper verteilt. Sie treten dann vor allem an Ellenbogen, Handgelenken und Knien sowie im Nacken und Gesicht (besonders an Augenlidern und Lippen) auf. Auch Oberschenkel, Gesäß und Fuß- und Handrücken sind häufig betroffen.
Bei Jugendlichen und Erwachsenen treten die Ekzeme meist an Stirn, Augen, Mund, Hals- und Nackenbereich, dem oberen Brustbereich, Kniekehlen, Ellenbeugen, Leisten und Handrücken auf. Bei einigen Erwachsenen mit Neurodermitis ist die Kopfhaut gerötet und schuppig – in einigen Fällen kommt es auch zu Haarausfall. Neurodermitis kann auch in höherem Alter auftreten, meist in Form von juckenden Knötchen an verschiedenen Körperstellen, Ekzemen an Händen und Füßen, entzündeten und juckenden Lippen, Brennen der Mundschleimhaut, entzündeten und rissigen Ohrläppchen sowie Verdauungsstörungen wie Bauchschmerzen, Durchfall und Blähungen.
Neurodermitis: Ursachen der Hauterkrankung
Die Ursachen einer Neurodermitis sind wissenschaftlich nicht vollständig geklärt. Es wird davon ausgegangen, dass eine Reihe von Faktoren und komplexen Mechanismen für die Entstehung der Krankheit verantwortlich sind. Dazu zählen eine genetische Veranlagung, Umwelteinflüsse und immunologische Prozesse.
Unbestritten ist die Rolle einer genetisch bedingten Barrierestörung der Haut. Sie ist bei Neurodermitikern meist extrem trocken und die Zusammensetzung der Hautfette ist verändert. Das macht sie besonders empfindlich gegenüber Umweltreizen. Viele Neurodermitiker sind Atopiker und leiden auch an allergischem Asthma, einer Pollenallergie (Heuschnupfen) oder Nahrungsmittelallergien. Hintergrund ist eine Überreaktion des Immunsystems: Es bildet im Blut nachweisbare IgE-Antikörper (Immunglobulin E) gegen eigentlich ungefährliche Substanzen (Allergene), die wiederum Entzündungen auslösen. Bei dieser Art der Neurodermitis können die Schübe durch Allergene wie Hausstaubmilben, Pollen und bestimmte Lebensmittel, aber auch Textilien (vor allem Wolle), Kälte und Wärme, Infektionen und (psychischen) Stress ausgelöst werden. Man spricht von einer extrinsischen Neurodermitis. Da atopische Ekzeme besonders häufig in Industrieländern vorkommen, vermuten Wissenschaftler ein übertriebenes Hygieneverhalten als Ursache (Hygiene-Hypothese). Menschen mit einer extrinsischen Neurodermitis haben oft starke Symptome.
Etwa ein Drittel der Patienten ist von einer intrinsischen Form der Neurodermitis betroffen. Bei einer intrinsischen Neurodermitis sind die IgE-Antikörper im Blut nicht erhöht und die Symptome treten ohne allergische Reaktion des Körpers auf. Langfristig kann es durch die gestörte Hautbarriere aber zu einer extrinsischen Neurodermitis kommen, weshalb die intrinsische Neurodermitis oft als „Türöffner“ für Allergien bezeichnet wird. Eine effektive Behandlung der intrinsischen Neurodermitis ist wichtig, um die „Allergiekarriere“ aufzuhalten.
Neurodermitis: So erfolgt die Diagnose
Für die Diagnose „Neurodermitis“ müssen mehrere Krankheitsmerkmale und Kriterien erfüllt sein. Zunächst wird der Arzt in einer Anamnese den Patienten zu Symptomen wie Juckreiz und wiederkehrenden Ekzemen befragen. Anschließend wird er sich in einer körperlichen Untersuchung die entzündlichen Hautveränderungen anschauen. Sie sind ein erstes Indiz dafür, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass es sich um eine Neurodermitis handelt. Bei Säuglingen und Kleinkindern können die Symptome mit denen einer seborrhoischen Dermatitis verwechselt werden, bei Erwachsenen können Kontaktallergien ähnliche Beschwerden hervorrufen. Wichtige Kriterien für die Diagnose sind:
- Eine altersgemäße Verteilung der Ekzeme am Körper
- Das altersabhängige Aussehen der Hautveränderungen
- Juckreiz
- Chronischer Verlauf der Krankheit
- Schubweiser Verlauf der Krankheit
- Andere atopische Erkrankungen beim Patienten oder nahen Verwandten
Ein weiteres Anzeichen für eine Neurodermitis ist die Weißfärbung der Haut durch Druckausüben (weißer Dermographismus). Bei diesem Test streicht der Arzt mit einem Gegenstand über die Haut. Bei gesunden Patienten färbt sie sich rot, bei Neurodermitikern weiß. Besteht der Verdacht, dass die Neurodermitis in Zusammenhang mit einer Allergie auftritt, wird der Arzt einen Allergietest empfehlen. Bei einer extrinsischen Neurodermitis kann ein Bluttest Hinweise auf einen erhöhten Immunglobulin E-Spiegel geben.
Neurodermitis: Behandlung der Hauterkrankung
Als chronische Hautkrankheit ist eine Neurodermitis nicht heilbar. Die Veranlagung für die Erkrankung tragen Betroffene ein Leben lang. Ziel der Behandlung ist es deshalb, die Symptome zu lindern und Patienten ein möglichst beschwerdefreies Leben zu ermöglichen. Die Therapie setzt sich aus vorbeugenden Maßnahmen (Basistherapie) und der Behandlung akuter Entzündungsreaktionen zusammen.
Ziel der Basistherapie ist es, den guten Hautzustand aufrechtzuerhalten. Dazu sollten bekannte Auslöser der Neurodermitis unbedingt gemieden werden. Vor allem bei allergischen Formen der Krankheit ist die Allergenkarenz besonders wichtig. Steht die Neurodermitis in Zusammenhang mit einer Nahrungsmittelallergie, kann eine Ernährungsumstellung sinnvoll sein. Diese sollten aber in jedem Fall mit einem Arzt oder Ernährungsberater abgestimmt werden, um eine Mangelernährung zu verhindern. Da Stress ebenfalls ein Trigger der Neurodermitis sein kann, sollten Patienten auf regelmäßige seelische und körperliche Entspannung im Alltag achten. Möglichkeiten zur Entspannung sind Sport und Entspannungstechniken wie autogenes Training, Yoga und Progressive Muskelentspannung nach Jacobson. Neben der konsequenten Vermeidung von Provokationsfaktoren, ist eine kontinuierliche Hautpflege wichtig. Dazu sollte die Haut mehrmals täglich mit einer reichhaltigen, rückfettenden Creme behandelt werden. Geeignete Produkte können Betroffene über den Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB) finden.
Neurodermitis: Medikamentöse Behandlung bei akuten Krankheitsschüben
Nach der Leitlinie „Neurodermitis“ der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) in Berlin sollte die Therapie der Neurodermitis abhängig vom Schweregrad in vier Stufen erfolgen. Ist die Haut trocken (Stufe 1) kann die Basistherapie den Hautzustand aufrechterhalten. Ist die Haut trocken, schuppig und/oder gerötet und treten leichte Ekzeme auf (Stufe 2), können schwach dosierte Glukokortikoid-Cremes (Cortison) die Symptome lindern. Bei Stufe 3 treten mittelschwere Ekzeme mit möglichen Hautverdickungen, Knötchenbildung und mäßigem bis starken Juckreiz auf. In diesem Stadium der Erkrankung empfiehlt die DDG die Anwendung stärker wirksamer Glukokortikoide. Zeigen diese keine ausreichende Wirkung, können Calcineurin-Hemmer die Behandlung ergänzen. Zudem können Medikamente gegen Juckreiz und bei Bedarf antiseptische Mittel eingesetzt werden. Treten anhaltende schwere Ekzeme, begleitet von starkem Juckreiz, Hautverdickungen, Nässen, Krustenbildung und starken Rötungen auf (Stufe 4), können die genannten Maßnahmen durch immunsuppressive Medikamente ergänzt werden.
Neurodermitis: Ergänzende Behandlungsmöglichkeiten
Darüber hinaus können ergänzende Maßnahmen die medikamentöse Therapie unterstützen. So können beispielsweise Aufenthalte in hautfreundlichen Klimaregionen das Krankheitsbild verbessern. Besonders geeignet sind die klimatischen Bedingungen in Bergregionen und am Meer. Zudem hat Sonnenlicht eine entzündungshemmende Wirkung. Sonnenstrahlung sollte jedoch immer in Maßen und mit ausreichend Sonnenschutz genossen werden. Manche Patienten reagieren auch besonders sensibel auf UV-Strahlung und das Hautbild verschlechtert sich.
Die heilsame Wirkung von UV-A-Strahlung wird auch bei der Phototherapie genutzt. Allerdings ist diese Therapieform erst ab einem Alter von 12 Jahren geeignet. Unterstützung im Umgang mit der Erkrankung können Betroffene außerdem in Neurodermitis-Schulungen lernen. Angebote finden Neurodermitiker über die Arbeitsgemeinschaft Neurodermitisschulung.
Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren Redakteurinnen und Redakteuren leider nicht beantwortet werden.