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Kinderarzt appelliert: Um gute Eltern zu sein, braucht es unbedingt Unterstützung

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Von: Natalie Hull-Deichsel

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Was gute oder schlechte Eltern sind, dazu gibt es viele Meinungen. Ein Kinderarzt stellt fest: Eltern fehlt es an Unterstützung, um kompetent zu werden.

Wie schwer, anstrengend und verantwortungsvoll es ist, Kinder zu erziehen, das kann man erst verstehen, wenn man selbst Mutter oder Vater ist – zumindest ist das die These vieler Eltern, auch generationenübergreifend. Während für unsere Eltern und Großeltern aufgrund der zeitgeschichtlichen und gesellschaftlichen Widrigkeiten das Thema „Erziehung durch Beziehung“, das unter anderem von der Pädagogin Katia Saalfrank geprägt wurde, weniger bedeutsam war, ist es vielen Eltern von heute besonders wichtig, alles richtig in der Erziehung zu machen. Was nicht heißt, dass es ihnen immer gelingt – denn was bedeutet schon „alles richtig“? Es gibt Faktoren und Voraussetzungen, die für eine gute Kindererziehung wichtig sind, beispielsweise Kompetenz der Eltern. Der deutsche Kinderarzt und Vater von vier Kindern, Dr. med. Herbert Renz-Polster, erläutert, was für ihn Kompetenz der Eltern bedeutet.

Erziehung: Eltern fehle es unfreiwillig an Kompetenz

Zwei Frauen mit Baby am Wickeltisch.
Eltern brauchen gerade am Anfang einfach Unterstützung und Kraft, um ihre nötige Kompetenz entwickeln zu können. © Mareen Fischinger/Imago

Eltern untereinander sind häufig die stärksten Kritiker, wenn es um die vermeintlich richtige Erziehung ihres Kindes geht. Während die einen sich als Helikopter-Eltern verstehen, um somit aus ihrer Sicht dem Kind etwas Gutes zu tun, sehen sich Panda-Eltern als bessere Vorbilder. Andere Eltern setzen wie schon die Elterngenerationen auf Strenge in der Erziehung für ein erfolgreiches Leben. Dazu gehöre auch Disziplin und Grenzen-setzen, was viele Eltern von heute zu wenig tun würden, wie manche Erziehungswissenschaftler kritisieren. Der Kinderarzt Dr. med. Herbert Renz-Polster beschreibt in seinem Buch „Kinder verstehen“, dass es sich „bei einem guten Teil der ‚unerzogenen‘ Kinder schlicht und einfach um vernachlässigte Kinder“ handele, um Kinder, „denen es am Nötigsten fehlt – an der Erfahrung von Zuwendung, Klarheit, Verlässlichkeit und einem stabilen Bindungssystem.“ Bei einem anderen, aus seiner Sicht leider zunehmenden Teil der heutigen Kinder fehle es zwar nicht an Bindung, Liebe oder an „Grenzen-Setzen“, vielmehr bräuchten diese Eltern oft einfach Unterstützung und Kraft, um die nötige Kompetenz entwickeln zu können.

Erziehung: „Elternsein ist ohne Unterstützung nicht möglich“

Dr. Renz-Polster wirft dabei kritische Fragen auf, wie „Wo kann Elternsein geübt werden? Wo können Erwachsene lernen, locker, angstfrei und kompetent auf kleine und ganz kleine Menschen zuzugehen?“ Er spricht sich dafür aus, dass Eltern von heute mehr Möglichkeiten erhalten sollten, Erfahrungen sammeln zu können. Deutschland hätte in der Hinsicht vieles aufzuholen. In Schulen in den USA könnten Schüler das Wahlfach „Babybetreuung“ wählen und in der schuleigenen Krippe mitarbeiten. „Was wäre denn dabei, wenn Schüler die Möglichkeit bekämen, in Kindergärten, Krippen oder im Hort mitzuarbeiten? Einer Gesellschaft, in der es kaum noch Geschwisterkinder gibt, würde dies wichtige Impulse geben. Wie wäre es, wenn werdende Eltern in den Schwangerschaftskursen weniger das Hecheln lernten, sondern sich mit bereits gewordenen jungen Eltern zusammentäten und deren Säuglinge eine Weile betreuten?“

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Anmerkung der Redaktion: Dieser Text ist bereits in der Vergangenheit erschienen. Er hat viele Leserinnen und Leser besonders interessiert. Deshalb bieten wir ihn erneut an.

Für den Kinderarzt Dr. Renz-Polster ist klar, dass Kompetenz von Eltern nur mit dem „Rückenwind durch Helfer“ entstehen und wachsen kann. Gemäß dem afrikanischen Sprichwort: Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen. Die Unterstützung junger Familien durch Nachbarn, Freunde, Paten, Hebammen, Erzieher, gute Krippen, gute Horte, guter Tagesmütter ist heute dringender denn je. Damit Eltern Zuversicht gewinnen und ihre Kinder Selbstbewusstsein entwickeln können.

Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren RedakteurInnen leider nicht beantwortet werden.

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