Reizdarm bei Kindern: Das sind Symptome, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten des Syndroms
Wenn Kinder über wiederkehrende Bauchschmerzen, Durchfälle oder Verstopfung klagen, kann ein Reizdarmsyndrom dahinterstecken. Eltern sollten die Symptome kennen und bei Verdacht einen Kinderarzt kontaktieren.
- Hinter chronische Bauchschmerzen beim Kind kann das Reizdarmsyndrom stecken
- Das sind die häufigsten Symptome eines Reizdarms und so erfolgt die Diagnose
- Diese Therapien können Kindern mit Reizdarmsyndrom helfen
Berlin – Bauchschmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerden bei Kindern. Sie können durch Aufregung, Angst und Vorfreude ausgelöst werden und verschwinden in den meisten Fällen schnell wieder. Treten die Bauchschmerzen aber über einen längeren Zeitraum und in Verbindung mit unregelmäßigen Toilettengängen auf, kann ein Reizdarm die Ursache sein. Ein Reizdarmsyndrom (RDS) ist eine funktionelle Erkrankung des Verdauungstraktes, bei der die Funktion des Darms chronisch gestört ist. Nach Schätzungen des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V. (BVKJ) in Köln leiden in Deutschland 5 Prozent aller Kinder und Jugendlichen an einem Reizdarm. Obwohl die Erkrankung relativ häufig ist, lässt sie sich nicht ohne Weiteres diagnostizieren. Für die Diagnose muss der Kinderarzt zunächst eine organische Krankheit ausschließen.

Reizdarm bei Kindern: Das sind Symptome, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten des Syndroms
Kinder, die von einem Reizdarm betroffen sind, klagen häufig über Bauchschmerzen. Oft werden sie von Verdauungsstörungen und unregelmäßigem Stuhlgang mit veränderter Stuhlkonsistenz begleitet. Typisch für das Reizdarmsyndrom ist außerdem, dass die Beschwerden über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten wiederholt auftreten. Symptome, die auf einen Reizdarm beim Kind hindeuten können, sind:
- Bauchschmerzen, Bauchkrämpfe oder Druckgefühl im Bauch
- Blähungen
- Durchfälle
- Verstopfung
- Appetitlosigkeit
- Schleim im Stuhl
- Gefühl der unvollständigen Darmentleerung
Die Symptome zeigen sich bei Kindern mit Reizdarmsyndrom besonders oft nach dem Essen und während bzw. nach Stresssituationen. Oft bessern sich die Beschwerden nach der Darmentleerung. Je nachdem, welches Symptom am häufigsten auftritt, unterscheiden Experten vier verschiedene Krankheitstypen: Bei Typ I treten überwiegend Durchfälle, bei Typ II überwiegend Verstopfungen auf. Bei Typ III wechseln sich die Symptome Durchfall und Verstopfung ab, bei Typ IV kommt es zu starken Blähungen und Bauchkrämpfen.
Reizdarmsyndrom bei Kindern: Welche Ursache steckt dahinter?
Die Ursachen für ein Reizdarmsyndrom beim Kind sind noch nicht abschließend erforscht. Während man früher von einer rein psychischen Ursache ausging, sind Mediziner heute davon überzeugt, dass mehrere Faktoren bei der Entstehung eines Reizdarms eine Rolle spielen. Möglicherweise führen sie sogar erst in der Kombination zu den beschriebenen Beschwerden.
Vermutlich lassen sich die Bauchschmerzen beim Reizdarmsyndrom auf eine Überempfindlichkeit des Darms zurückführen. Da Psyche und Darm über zahlreiche Nervenbahnen, die Darm-Hirn-Achse, miteinander verbunden sind, werden dem Gehirn dauerhaft chemische und mechanische Reize im Darm gemeldet. Bei Kindern mit Reizdarmsyndrom ist das enterische Nervensystem des Darms („Bauch-Hirn“) überaktiv, sodass bereits normale Reize wie Darmbewegungen oder eine gespannte Darmwand Schmerzen verursachen können. Umgekehrt können sich seelische Belastung wie Angst, Stress und Erschöpfung negativ auf die Verdauung auswirken. Einige Reizdarmpatienten zeigen auch eine beeinträchtigte Darmmotilität (Darmbewegung), die zu Verstopfung, Durchfällen und Blähungen führen kann. Zudem kommt das Reizdarmsyndrom in einigen Familien gehäuft vor, was auf eine genetische Veranlagung schließen lässt. Ein Reizdarmsyndrom beim Kind kann auch nach einer Therapie mit Antibiotika auftreten, da sie die sensible Zusammensetzung der Darmbakterien (Darmflora) durcheinanderbringt und die Verdauung beeinflusst. Auch ein akuter Magen-Darm-Infekt kann Ursache für das Reizdarmsyndrom sein.
Reizdarmsyndrom bei Kindern: Welche Symptome deuten auf eine organische Erkrankung hin?
Das Reizdarmsyndrom ist zwar eine unangenehme, aber keine gefährliche Erkrankung. Symptome, die nicht auf einen Reizdarm, sondern eher auf eine organische Erkrankung hindeuten, sind:
- Fieber
- Sichtbares Blut im Stuhl
- Starke Gewichtszunahmen oder starker Gewichtsverlust
- Schwere Durchfälle (Diarrhoe)
- Schmerzen unterhalb des Bauchnabels
- Nachts auftretende Symptome
- Das Krankheitsbild verschlechtert sich mit der Zeit
Reizdarmsyndrom beim Kind: Wie erfolgt die Diagnose?
Da Kinder ihre durch ein Reizdarmsyndrom ausgelösten Beschwerden noch nicht genau beschreiben und lokalisieren können, ist der Kinderarzt auf die Beobachtungen und Schilderungen der Eltern angewiesen. Viele Reizdarmsymptome können auch auf andere Erkrankungen, wie etwa eine entzündliche Darmerkrankung, hindeuten. Aus diesem Grund muss zunächst eine organische Ursache ausgeschlossen werden.
Die Diagnose eines Reizdarmsyndroms erfolgt per Ausschlussverfahren durch eine körperliche Untersuchung, eine Blutuntersuchung, einen Stuhltest und einen Urintest. Der Kinderarzt orientiert sich dabei an der S3-Leitlinie “Reizdarmsyndrom” der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Da sich hinter wiederkehrenden Bauchschmerzen auch eine Nahrungsmittelunverträglichkeit oder eine Nahrungsmittelallergie verbergen können, kann der Kinderarzt bei Verdacht auch einen Provokationstest oder einen Atemtest durchführen.
Reizdarmsyndrom bei Kindern: Welche Therapie hilft?
Eine Heilung des Reizdarms beim Kind im klassischen Sinne ist nicht möglich. Deshalb geht es in der Therapie vor allem darum, die Symptome zu lindern und das Wohlbefinden des Kindes zu verbessern. Gehen die Beschwerden nicht von alleine zurück, erfolgt die Behandlung des Reizdarms in der Regel durch eine Anpassung der Ernährung, eine ausgeglichene Lebensweise mit ausreichend Bewegung und durch Stressbewältigung. Eine Behandlung mit Medikamenten ist bei Kindern mit Reizdarmsyndrom meist nicht notwendig.
Reizdarmsyndrom bei Kindern: Die Rolle der Ernährung
Bei einem Reizdarmsyndrom können laut BVKJ bereits einfache Essgewohnheiten die Beschwerden lindern. So zeigen einige Kinder weniger Symptome, wenn sie die Mahlzeiten in kleinen Portionen zu sich nehmen und lange kauen. Darüber hinaus unterstützen die Aufnahme von reichlich Flüssigkeit (am besten in Form von Wasser oder ungesüßten Tees) und faserreiche Kost wie Obst und Gemüse die gesunde Darmfunktion. Eltern sollten außerdem darauf achten, dass Kinder nicht ohne Frühstück aus dem Haus gehen und scharfes oder fettes Essen, kohlensäurehaltige Getränke, Schokolade und einige Milchprodukte wie Milcheis und Käse meiden.
Flohsamen und Maltodextrinpulver können gegen Bauchschmerzen beim Reizdarmsyndrom helfen: In Wasser aufgequollen bilden sie einen Schleim, der die Darmwand vor Reizungen schützt. Zeigen sich bei der Untersuchung Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Nahrungsmittelallergien, sollten Eltern darauf achten, dass Kinder diese Auslöser (Trigger) meiden. Dabei kann ein Symptom-Tagebuch hilfreich sein. Einschränkungen der Ernährung aufgrund von Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Nahrungsmittelallergie sollten jedoch immer mit einem Arzt abgestimmt werden, da bei Kindern das Risiko einer Mangelernährung groß ist.
Reizdarmsyndrom bei Kindern: Therapie durch Entspannungsübungen
Stressbewältigung ist ein wesentlicher Baustein der Therapie bei Kindern mit Reizdarmsydnrom. Stress kann bei Kindern beispielsweise durch einen vollen Terminkalender, durch Leistungsdruck (etwa in der Schule oder beim Vereinssport), durch Mobbing oder familiäre Konflikte entstehen. Oft lösen auch Erlebnisse psychosomatische Beschwerden aus, die Erwachsene kaum wahrnehmen - etwa der Streit mit Freunden oder einer Bezugspersonen. Auch der Verlust eines geliebten Haustieres kann für Kinder seelisch belastend sein.
Spielerische Entspannungsübungen können Kindern helfen, Stress abzubauen. Für kleine Kinder eignen sich Traumreisen oder Fantasie-Meditationen. Größere Kinder können Entspannungstechniken wie Progressive Muskelentspannung oder Autogenes Training erlernen. Auch Kinder-Yoga kann zur Entspannung beitragen. Der Wechsel von Bewegung, Entspannung und Atemübungen macht vielen Kindern Spaß und fördert ihren natürlichen Bewegungsdrang.
Reizdarmsyndrom bei Kindern durch Stress: So können Eltern helfen
Eltern können auch durch ihr eigenes Verhalten Kinder mit Reizdarmsyndrom dabei unterstützen, Stress besser zu bewältigen. So können eine vorgelebte Gelassenheit und realistische Erwartungen den Druck auf das Kind reduzieren. Das Kind zu loben fördert außerdem sein Selbstvertrauen und hilft, auch mal über eine schlechte Note hinwegzukommen. Eltern sollten dem Kind außerdem signalisieren, dass sie immer ein offenes Ohr für seine Sorgen haben und Zeit und Raum für intensive Gespräche einräumen.
Auch Kinder brauchen Freiraum: Neben Kita/Schule, Hobbys und Freizeitaktivitäten sollte genügend Zeit zum Spielen, Toben und ausruhen bleiben. Auch Hobbys und Freunde treffen können in Freizeitstress enden. Haben Eltern das Gefühl, ihrem Kind in schwierigen Sitautionen nicht helfen zu können, können sie fachliche Hilfe von Familienberatungsstellen, einem auf Kinder spezialisierten Psychotherapeuten oder - bei Schul- oder Kitaproblemen - der Lehrkraft und der Erziehungskraft in Anspruch nehmen.
Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren Redakteurinnen und Redakteuren leider nicht beantwortet werden.