Schwangerschaft: Sinkt bei zu viel Stress die Chance auf ein Baby?

Wenn beide Partner gesund sind und der Kinderwunsch trotzdem unerfüllt bleibt, wird häufig vermutet, dass Stress die Fruchtbarkeit beeinflusst. Stimmt das?
München – Wenn eine Frau gesund ist und nicht schwanger wird, bekommt sie aus ihrem Umfeld häufig den gut gemeinten Rat: „Du musst dich entspannen. Stress ist schlecht für die Fruchtbarkeit.“
Mal ganz abgesehen davon, dass dieser Kommentar so manche Frau nur noch mehr unter Druck setzen dürfte, nämlich, sich jetzt verdammt nochmal sofort zu entspannen, stellt sich die Frage: Stimmt das denn überhaupt? Verringert Stress tatsächlich die Wahrscheinlichkeit auf eine Schwangerschaft? Zahlreiche Studien zeigen nämlich: Für diese Annahme gibt es keine klaren Beweise.
Schwangerschaft: Sinkt bei zu viel Stress die Chance auf ein Baby?
Von ungewollter Kinderlosigkeit spricht man, wenn Paare im reproduktiven Alter einen Kinderwunsch haben und innerhalb eines Jahres bei regelmäßigem Sexualverkehr nicht schwanger werden. Das sind etwa sieben bis neun Prozent aller Paare. Die Ursachen der Kinderlosigkeit liegen hier etwa zur Hälfte bei der Frau und etwa zur Hälfte beim Mann.
Doch bei circa zehn Prozent dieser Paare kann keine medizinische Ursache gefunden werden, warum es mit der Schwangerschaft nicht klappt. Ist etwa Stress die Ursache?
Schwanger werden: Studien zeigen bei Stress unklare Ergebnisse
Dafür gibt es keine eindeutigen Studienergebnisse. Die Studienlage zu dieser Frage sei generell eher dünn, wie das Nachrichtenportal Zeit Online berichtet. Doch ein paar Wissenschaftler sind dieser Frage in voneinander unabhängigen Studien nachgegangen. Das sind einige Ergebnisse:
- Eine Studie des Brigham and Women‘s Hospital and Harvard Medical in den USA zeigte: Paare, die im Blut eine stärkere Konzentration von körpereigenen Eiweißen im Blut hatten, welche an Stressreaktionen beteiligt sind, hatten eine geringere Wahrscheinlichkeit, bei einer In-vitro-Fertilisation schwanger zu werden. Allerdings ist die Studie nicht sehr aussagekräftig, weil an ihr nur 45 Menschen teilgenommen haben. (American Journal of Reproductive Immunology: Haimovici et al., 2018).
- Eine Metastudie von Wissenschaftlern an der Universität Cardiff in Wales von 14 Studien mit insgesamt 3.583 Frauen ergab: Emotionaler Stress vor dem Beginn einer Behandlung sagt nichts darüber aus, ob eine künstliche Befruchtung gelingt. (BMJ: Boivin, et al., 2011).
- Bei Männern beziehungsweise bei ihren Spermien ergeben die Studien ähnliches. Zwar gibt es Hinweise darauf, dass Stress die Spermienqualität beeinträchtigen kann (Archives of Psychiatric Nursing: Bártolo et al., 2016). Allerdings gibt es laut Zeit Online ebenso viele Studien, die Gegenteiliges belegen (Andrology: Nordkap et al., 2020).
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Schwanger werden: Unerfüllt wegen Stress? Es gibt keinen klaren Zusammenhang
In der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.) haben mehrere Ärzte und Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen Stress und Unfruchtbarkeit untersucht und zu diesem Zweck viele Studien analysiert und zusammengefasst – und daraus eine Leitlinie erstellt. (Lesen Sie auch „Unfruchtbar durch Corona-Impfung? Bekannte Medizinerin mit klarer Ansage“)
Auch die Autoren kommen zu dem Ergebnis: Einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Stress und unerfülltem Kinderwunsch gibt es nicht.
Aber: Stress führt wiederum zu einem Verhalten, welches die Fruchtbarkeit, beziehungsweise die Wahrscheinlichkeit auf eine Schwangerschaft, beeinflussen kann. Zum Beispiel greifen manche bei Stress zur Zigarette, was sich wiederum negativ auf die Fruchtbarkeit auswirken kann. Genau so, wie zu wenig oder zu viel essen (Über- und Untergewicht) oder zu wenig Geschlechtsverkehr – weil aufgrund des Drucks die Libido leidet. *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.
Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren RedakteurInnen leider nicht beantwortet werden.