Übergewicht: Zu viele Kilos auf den Rippen schaden dem Gehirn?

Übergewicht hat neben Bluthochdruck und dem Risiko für einen Herzinfarkt auch viele andere, negative Folgen für die Gesundheit. Etwa auch für Demenz?
Leipzig – Schon 2008 hatten US-Wissenschaftler im Rahmen einer Langzeitstudie des Kaiser-Permanente-Instituts 6.500 Menschen im Alter zwischen 40 und 45 Jahren untersucht. Deren Bauchfett war im Kindesalter, 36 Jahre zuvor, erstmals vermessen worden. Die Forscher beobachteten über die Jahre Folgendes: Je dicker der Bauch eines Studienteilnehmers war, desto größer sei das Demenz-Risiko, fassen die Forscher im Fachmagazin „Neurology“ zusammen.
Übergewicht: Zu viele Kilos auf den Rippen schaden dem Gehirn?
Bei fülligen Menschen, die ihre Kilos gleichmäßig verteilt am Körper tragen, aber keinen ausgeprägt dicken Bauch haben, sei das Demenz-Risiko 80 Prozent höher als bei Normalgewichtigen. Bei Menschen mit einem hohen Körperfettanteil um den Bauch herum erhöhe es sich auf 230 Prozent, und bei Menschen mit besonders großen Kugelbäuchen sogar auf satte 360 Prozent, so die Forscher.
Wo ein Mensch Fett ansetzt, scheint Studienautorin Rachel Whitmer zufolge insbesondere in den mittleren Altersgruppen ein wichtiger Faktor für das Demenz-Risikos zu sein. Womit es genau zusammenhängt, können die Forscher zwar noch nicht genau erklären. Sie vermuten aber, dass die Ursache im Stoffwechselprozess des Bauchfetts liegt, der sich wiederum auf die Funktionen des Gehirns auswirkt. „Um das Phänomen wissenschaftlich genau zu erklären, sind weitere Untersuchungen nötig“, heißt es in der Studie.
Übergewicht und Demenz: Adipositas lässt das Gehirn schneller altern
Auch am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig haben sich Experten mit dem Thema beschäftigt. „Wir haben bereits lange vermutet, dass ein hoher Body Mass Index auch dem Gehirn schadet. Jetzt haben wir direkte Hinweise dafür gefunden“, so Veronica Witte, Leiterin der Studie und der Forschungsgruppe Altern und Adipositas am Max-Planck-Institut.
Und: „Wir haben beobachtet, dass bei stark Übergewichtigen innerhalb eines bestimmten Netzwerks einige Regionen schwächer miteinander verbunden sind. Dadurch können in diesem sogenannten Default Mode Network, kurz DMN, die einzelnen Regionen schlechter zusammenarbeiten.“
Übergewicht und Demenz: Mehr Kilos schützen nicht vor Alzheimer
In der Vergangenheit war nicht klar, ob nicht, wie bei anderen Erkrankungen, auch das Gegenteil der Fall sein könnte: dass Übergewicht den Erkrankten helfen könnte und ein paar Kilos mehr sogar einen gewissen Schutz gegen Alzheimer bieten. Die Leipziger Forscher können das jedoch nicht bestätigen. Ihr Fazit: „Adipositas scheint das Gehirn schneller altern zu lassen und damit das Risiko einer Alzheimer-Demenz zu erhöhen.“
So kann ermittelt werden, ob man unter Übergewicht oder unter Adipositas leidet:
- Übergewicht: Als übergewichtig gilt, wer einen Body-Mass-Index (BMI) von 25 bis 30 hat – so die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE).
- BMI: Dieser Kennwert wird berechnet, indem das Körpergewicht durch das Quadrat der Körpergröße in Meter geteilt wird.
- Adipositas: Bei einem BMI von mehr als 30 spricht man von Fettleibigkeit (Adipositas).
Laut einem internationalen Forscherteam um Gill Livingston vom University College London, das seine Ergebnisse 2017 im Fachmagazin „The Lancet“ veröffentlicht hat, könnten sogar ein Drittel aller Demenzfälle weltweit verhindert werden, wenn bestimmte Risikofaktoren der Krankheit vermieden werden. Als einer der Hauptrisikofaktoren nennen die Forscher ebenfalls Übergewicht in mittlerem Lebensalter zwischen 30 und 60 Jahren.
Und da aus dicken Kindern häufig auch übergewichtige Erwachsene werden, sollte bereits in jungen Jahren auf die Gewichtsentwicklung geachtet werden. Vor allem aber für 30- bis 60jährige mit Bauch heißt die Devise: Ran an Speck! Da Diäten leider immer nur kurzfristige Erfolge verschaffen, sollten sich Betroffene über eine dauerhafte Ernährungsumstellung informieren und ausreichend Bewegung in ihren Alltag integrieren. Nur wer mehr Kalorien verbrennt, als er zu sich nimmt, wird langfristig abnehmen. Eine Ernährungsumstellung lohnt sich dann immer.*
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Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren Redakteurinnen und Redakteuren leider nicht beantwortet werden.