Allergien und Klimawandel: So beeinflusst der Klimawandel den Pollenflug
Die Nase läuft, die Augen tränen und die Haut juckt – zunehmend machen Allergien vielen Menschen zu schaffen. Grund dafür, könnten die Folgen des Klimawandels sein.
- Die Zahl der Pollenallergiker bei Kindern und Erwachsenen nimmt immer weiter zu .
- Vor allem die immer längere Pollensaison macht den Allergikern zu schaffen.
- Experten machen dafür unter anderem den Klimawandel, sowie eine steigende Schadstoffbelastung in der Umwelt verantwortlich.
Berlin – Immer mehr Menschen erkranken an einer Allergien – und das weltweit. Knapp ein Drittel der Erwachsenen leiden laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) unter allergischen Beschwerden (PDF). Tendenz steigend. Auch in Deutschland machen allergische Erkrankungen immer mehr Menschen zu schaffen. Rund 20 bis 30 Millionen Kinder und Erwachsene sind hierzulande von einer Allergie betroffen – etwa 15 Prozent haben eine Pollenallergie, neun Prozent reagieren mit asthmatischen Beschwerden. Auch bei Atemwegserkrankungen wie Asthma bronchiale ist eine deutliche Zunahme zu verzeichnen.
Schuld daran könnten, neben Faktoren wie übertriebener Hygiene, Umweltverschmutzung und der Ernährung, die Auswirkungen des Klimawandels sein. So rechnen Experten auch in den nächsten Jahren mit einem weiteren Anstieg allergischer und asthmatischer Erkrankungen in der Bevölkerung. Doch wie genau wirkt sich der Klimawandel auf die Natur aus? Was ändert sich bei Blütezeit und Pollenflug? Warum die Folgen des Klimawandels Allergikern bereits jetzt zu schaffen machen und welche Faktoren eine besondere Rolle spielen.
Allergien und Klimawandel: Alter schützt nicht vor Allergien
Laut Ärzten und Wissenschaftlern tragen verschiedene Einflüsse zur Entstehung allergischer Erkrankungen bei: Dazu zählen neben der genetischen Veranlagung und Umweltfaktoren, auch der Lebensstil und die individuellen Essgewohnheiten. Mitverantwortlich für den Anstieg der Allergien in den letzten Jahrzehnten scheinen zudem moderne Lebensgewohnheiten zu sein. Grund für die Annahme: Viele Allergien treten vor allem in industrialisierten und westlich geprägten Ländern auf. Woran genau das liegt, ist bisher jedoch noch unklar.

Mehrere Faktoren sorgen dafür, dass das Immunsystem vieler Menschen empfindlicher auf Allergene und Umwelteinflüsse reagiert. Nicht nur Kinder und Jugendlichen entwickeln schon früh Allergien, auch viele Menschen im fortgeschrittenen Alter sind häufig betroffen. Vor allem bei Senioren über 70 Jahren sehen Ärzte einen deutlichen Anstieg der Krankheitsrate. Dabei bleiben auch Menschen, die ihr Leben lang beschwerdefrei waren, nicht von allergischen Symptomen verschont. Doch was hat der Klimawandel damit zu tun?
Klimawandel: Mildere Temperaturen und höhere Schadstoffbelastung
Steigende Temperaturen im Sommer und sinkende im Winter sind, auch in unseren Breitengraden, mittlerweile die Regel – zudem werden die Winter kürzen und die Sommer länger. Und auch die Niederschlagsmenge wird von Jahr zu Jahr weniger. Zusätzlich kommt es zu einer höheren Belastung durch Schadstoffe wie Kohlendioxid (CO₂) und die Ausbreitung neuer Pflanzen – die Folgen des Klimawandels beeinflussen nicht nur die Umwelt, sondern auch unsere Gesundheit. Wie genau beides zusammenhängt, lässt sich anhand des Pollenflugs verstehen.
Allergien und Klimawandel: Blütezeit vieler Pflanzen verschiebt sich
Der Pollenflugkalender der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst zeigt, dass der Blütenstaub vieler Pflanzen mittlerweile deutlich länger andauert. Doch klimatische Veränderungen haben nicht auf alle Pflanzen die gleiche Wirkung. Während manche Gräser und Bäume deutlich früher blühen als bisher, verlängert sich bei anderen die Pollenflugzeit bis in den Winter hinein. Besonders Menschen, die auf mehrere Pflanzenarten allergisch reagieren leiden darunter.
Höhere Durchschnittstemperaturen sorgen dafür, dass Frühblüher wie Hasel, Erle und Birke durch den Klimawandel früher blühen, als noch vor ein paar Jahren. Deutlich wird das an einem Beispiel: Während die Hasel normalerweise erst ab Anfang Februar in Deutschland blühte, fängt sie mittlerweile zwei bis drei Wochen früher an ihre Pollen in der Luft zu verteilen. Menschen mit einer Haselpollenallergie entwickeln so schon im Winter die ersten Symptome. Andere allergene Pflanzenarten schließen sich im Jahresverlauf an. Reagieren Patienten auf mehrere Pollenarten, verlängert sich die Zeit, in denen sie allergische Beschwerden entwickeln damit deutlich. Der Klimawandel hat also einen entscheidenden Einfluss darauf, wann welche Blüte einsetzt.
Allergien und Klimawandel: Blüte beginnt früher
Dabei hat das Wetter sowohl in der Zeit vor, als auch während der Blüte einen großen Einfluss auf den Zeitraum des Pollenflugs. Warme Temperaturen im Winter und Frühling sorgen für einen frühen Beginn der Blüte. Ist der Frühling kühler, verschiebt sich die Blüte etwas nach hinten. Bei manchen Bäumen spielt aber auch die Feuchtigkeit des vergangenen Sommers eine Rolle, da einige Baumsorten ihre Blütenstände bereits im Vorjahr anlegen. Auch wenn sich dadurch die Blüte von Jahr zu Jahr etwas unterscheiden kann, ist ein deutlicher Trend zu erkennen: Im langjährigen Vergleich ist es laut Experten so, dass viele Pollenarten tendenziell immer früher fliegen. Das Klima hat also einen entscheidenden Einfluss darauf, wann welche Blüte einsetzt.
Allergien und Klimawandel: Mehr und aggressivere Pollen
Der Klimawandel sorgt jedoch nicht nur dafür, dass sich die Pollensaison deutlich verlängert. Der Pollenflug ist auch insgesamt intensiver und stärker reizend. Das ist nicht zuletzt der zunehmenden Kohlenstoffdioxid-Belastung (CO2-Belastung) in der Luft zu verdanken. So scheinen die Blütenpollen der Pflanzen, die höheren Mengen Kohlendioxid (CO2) ausgesetzt sind, auch ihre Pollenproduktion zu erhöhen. Experten haben zudem in den letzten Jahren eine schrittweise Zunahme der Allergenität beobachtet.
Grund dafür: Eine Pollenallergie wird nicht durch die Pollen an sich, sondern durch Bestandteile des Blütenstaubs ausgelöst. Dabei reagiert der Körper mancher Menschen auf die in den Pollen enthaltenen Eiweiße allergisch. Kommt das Immunsystem mit dem vermeintlich gefährlichen Eiweiß in Kontakt, leitet es eine Abwehrreaktion ein. Allergische Beschwerden sind die Folge. Die Pollen selbst sind also nicht die Allergieauslöser, sondern vielmehr allergene Eiweißpartikel.
Klimawandel: Schadstoffbelastung als Risiko
Durch die verstärkte CO2-Belastung, aber auch andere klimatische Stressoren wie hohe Ozonwerte oder extreme Trockenperioden (Trockenstress) setzten die Pflanzen vermehrt Allergene frei – quasi als Überlebensstrategie. Verschiedene Studien zeigen: Gräser und Kräuter, die an einer Straße wachsen und dadurch viel Kohlendioxid ausgesetzt sind, stoßen verstärkt Pollen aus. Das hat zur Folge, dass mehr Allergene in die Luft gelangen und Allergiker unter stärkeren Symptomen leiden. Zudem sind Menschen, die in der Stadt leben zusätzlichen Faktoren in der Luft, wie Feinstaub, ausgesetzt. Schadstoffe reizen die Atemwege und führen so zu einer stärkeren Reaktion des Körpers bei einer Allergie.
Klimawandel: Auch in Zukunft ein Problem
Der Klimawandel ändert die Lebensbedingungen vieler Pflanzen und damit auch die Bedingungen für Allergiker – so wie es aussieht, nicht zum Besseren. Laut Experten vom Allergieinformationsdienst des Helmholtz Zentrums München, gegründet 1960 unter der Leitung von Otto Hug (65, †1978), ist auch in Zukunft ein weiterer Anstieg sowie ein zunehmender Schweregrad der Erkrankungen zu erwarten. Betroffene müssen sich also darauf einstellen, dass ihre Beschwerden durch den Klimawandel nicht nur früher einsetzen, länger anhalten und stärker werden - sondern auch, dass neue Pflanzenarten hinzukommen, auf deren Pollen sie allergisch reagieren.
Klimawandel: Neue Pflanzen bringen neue Allergien
Die veränderten klimatischen Bedingungen haben auch einen Einfluss auf die Ausbreitung von Pflanzen, die eigentlich hierzulande nicht heimisch sind. So konnte sich in den letzten Jahren das Beifußblättrige Traubenkraut – auch Ambrosia genannt – in Deutschland immer weiter ausbreiten. Die Pflanze gehört zu den stärksten Allergieauslösern weltweit und stammt ursprünglich aus Nordamerika. Mehr als 150 Jahre lang wuchs die eingeschleppte Pflanze nur in südlichen Regionen Europas. Erst die wärmeren Temperaturen, ausgelöst durch den Klimawandel, begünstigten die Verbreitung der Pflanze auch hierzulande.
Für Allergiker stellt die Ambrosia eine weitere Belastung dar. Denn die Pflanze blüht bereits im Spätsommer und bis in den November hinein, womit sich die Pollensaison in Regionen mit milder Witterung weiter verlängert. Zudem ähneln die Pollen der Ambrosia den Beifuß-Pollen sehr – Allergiker, die auf Beifuß reagieren, entwickeln daher auch meist eine Allergie gegen Ambrosia.
Allergien und Klimawandel: Allergien vorbeugen und richtig behandeln
Doch was können Betroffene angesichts der zunehmenden Pollenbelastung für ihre Gesundheit tun? Um die Atemwege nicht zusätzlich zu belasten, sollten Heuschnupfen-Patienten und Asthmatiker auf Zigaretten verzichten. Rauchen, aber auch Passivrauchen, können Allergien und Atembeschwerden weiter verstärken. Zudem ist es ratsam die Auslöser der Beschwerden zu kennen. Der Hausarzt kann mithilfe verschiedener Allergietests eine Diagnose stellen. Vielen Allergikern kann eine spezifische Immuntherapie, auch Hyposensibilisierung genannt, helfen.
Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren Redakteurinnen und Redakteuren leider nicht beantwortet werden.